London. Die britische konservative Partei plant im Falle eines Wahlsieges im kommenden Frühjahr die in Deutschland stationierten "British Forces Germany" (BFG) abzuziehen. Das gab der Schattenverteidigungsminister der Tories, Liam Fox, in einem Gespräch mit dem "Daily Telegraph" bekannt. Betroffen wären etwa 25 000 Soldaten der Armee und der Airforce sowie 20 000 Familienangehörige.

Der Abzug soll Teil eines größeren Revirements der britischen Außen- und Verteidigungspolitik werden, womit Einsparungen und klarere strategische Vorgaben erreicht werden sollen.

Doch beschleunigt der Vorstoß der Tories nur lang gehegte Pläne in Westminster, die einen Truppenabzug bis zum Jahr 2035 anpeilen. Da aber die BFG, bis zum Fall der Mauer "Britische Rheinarmee" genannt (British Army of the Rhine/BAOR), zum generellen Aufgabendispositiv der Nato in Zentraleuropa gehört, kann London sie nicht unilateral in die Heimat zurückführen oder für andere Aufgaben abstellen. Ohnehin müssten in England erst noch Unterkünfte gebaut werden, um eine so große Anzahl von Truppen neu zu stationieren.

Grundgedanke bei den Überlegungen der Tories ist neben der Kostenfrage die Überlastung des britischen Militärs mit zu vielen Aufgaben. Das in Deutschland stationierte Kontingent umfasst etwa ein Fünftel der gesamten britischen Militärstärke - ein beträchtlicher Posten bei einem Land, das neben seinen europäischen Pflichten weltweit militärisch engagiert ist und allein in Afghanistan neben den USA mit mehr als 9000 Soldaten die zweitgrößte Einsatzmacht aufbringt.

Fox will denn auch die aus Deutschland abzuziehenden Truppen verstärkt für Kampfeinsätze wie in Afghanistan bereitgestellt sehen. Indirekt kritisierte er die Brown-Regierung dafür, nicht klargemacht zu haben, wie teuer eine Niederlage in Afghanistan zu stehen käme, würde Großbritannien dann doch "zur dritten Liga der Weltpolitik" absteigen: "Die Freunde erhielten das Signal, unser Land zöge sich zurück, wenn es heiß wird, und unsere Feinde könnten sich Hoffnung machen, uns allemal zu überdauern." Damit ließ der Politiker das Unbehagen seiner Partei durchblicken, welche die britische Militärrolle mehr im Kontext von Kampfmissionen sieht denn als "Platzhalterin" in Deutschland, wo die Abschreckungsrolle aus dem Kalten Krieg ausgedient hat.

Dennoch wollen die Konservativen, die man fast als die sicheren Gewinner der kommenden Unterhauswahl im Mai 2010 sieht, den Überlegungen nicht vorgreifen, was aus den Nato-Aufgaben in Deutschland werden soll, wenn die BFG abgezogen würde. Fox deutete an, die bisher von den Briten erfüllten Aufgaben könnten von neuen Nato-Mitgliedern in Ost- und Mitteleuropa übernommen werden, "besonders Polen", im Zuge einer gerechteren Lastenverteilung im Bündnis.

Ein militärischer Abzug der Briten aus Deutschland kann freilich unter den ökonomisch mit den Stationierungsorten verflochtenen deutschen Gemeinden nur Alarm auslösen. Die britischen Truppen und ihre Angehörigen steuern der deutschen Wirtschaft jährlich rund 1,5 Milliarden Euro bei; viele infrastrukturelle Arbeitsplätze gingen bei dem Abzug verloren. Betroffen wären vor allem Orte wie Mönchengladbach, Rheindalen, Munster, Gütersloh, Paderborn, Bielefeld, Sennelager, Herford, Bergen-Hohne, Celle, und Fallingbostel. In Mönchengladbach befindet sich auch das Hauptquartier des Schnellen Eingreifkorps der Nato. Eine Ausdünnung der britischen Truppen in Deutschland ist bereits im Gange. So wurde als erste Garnison Osnabrück geschlossen.