Hamburg. Vier Wochen vor Beginn des Weltklimagipfels in Kopenhagen haben die Erwartungen an ein neues Abkommen einen Dämpfer erhalten. Das G20-Treffen zur Klimaschutz-Finanzierung im schottischen St. Andrews ist gescheitert. "Wir sind zu keiner gemeinsamen Lösung gekommen", sagte der enttäuschte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach Abschluss des Treffens der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in Schottland. Er betonte: Der Klimagipfel im Dezember dürfe nicht scheitern. "Das kann die Welt sich nicht leisten." Für das ergebnislose Treffen in Schottland machte Schäuble Schwellenländer verantwortlich, die "sich ungern festlegen wollten, eigene öffentliche Mittel für die Schaffung von mehr Klimaschutz in die Hand zu nehmen." Vor allem China habe geblockt, so G20-Kreise.

Auf schroffe Ablehnung stießen Äußerungen von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der sich skeptisch gegenüber den Möglichkeiten des Kopenhagen-Gipfels gezeigt hatte. "Die Bundesregierung will den Erfolg. Aber es verstärken sich die Zweifel, ob das zeitlich noch möglich ist", hatte Niebel in der Sonnabend-Ausgabe des Abendblatts gesagt. Auch ein politischer Beschluss über Eckpunkte eines Kyoto-Nachfolgeabkommens wäre laut Niebel schon ein Erfolg.

Die SPD und Grüne reagierten empört. Der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber, zuständig für Umweltpolitik, sagte dem Abendblatt: "Ich bin verärgert über Herrn Niebel. Anstatt Zweifel an einem Erfolg in Kopenhagen zu verbreiten, sollte er aktiv am Gelingen eines Klimaabkommens mitarbeiten." Kelber betonte: "Herr Niebel muss endlich den Populismus des Generalsekretärs ablegen. Er sollte wenigstens versuchen, Minister zu sein." Kelber mahnte die Bundesregierung, die Rolle Deutschlands im Klimaschutz nicht zu vernachlässigen. "Der Klimagipfel kann ein Erfolg werden, wenn die Schrittmacherländer, das sind vor allem die Länder der EU, vorangehen. Deutschland war immer ein Schrittmacherland, und das muss es unbedingt bleiben."

Auch Grünen-Chefin Claudia Roth griff Niebel scharf an. Bei der Landesmitgliederversammlung der Hamburger Grünen zitierte Roth die Äußerungen des Ministers und folgerte: "Ich bin vollkommen davon überzeugt, dass er eine der brutalsten Fehlbesetzungen ist, die man sich überhaupt in einem Entwicklungsministerium vorstellen kann." Der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, drängte zugleich darauf, ein verbindliches Abkommen zu beschließen und nicht nur eine Absichtserklärung. Flasbarth sagte dem SWR, es sei wichtig, ein "richtiges" Klimaschutzziel zu vereinbaren, das Industrieländer und Entwicklungsländer einbeziehe. Der Präsident des Naturschutzbundes (Nabu), Olaf Tschimpke, forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, an den Verhandlungen in Kopenhagen persönlich teilzunehmen. "Die Kanzlerin genießt international Anerkennung. Sie muss in Kopenhagen als Fürsprecherin für ein ernst gemeintes Kyoto-Nachfolgeabkommen werben", sagte er bei einer Tagung in Potsdam. Bereits 40 von ihnen, darunter der britische Premier Gordon Brown und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hätten ihr Kommen angekündigt. Merkel hat sich den Termin nach Regierungsangaben "freigehalten", aber noch nicht entschieden. Sie hatte zuletzt beim EU-Gipfel Ende Oktober Zweifel an einem Verhandlungserfolg in Kopenhagen geäußert und nur noch von einem "politischen Rahmen, der verabredet werden soll", gesprochen.