Im Schatten regierungstreuer Kundgebungen gingen Regime-Gegner wieder auf die Straße und demonstrierten gegen die Wiederwahl von Ahmadinedschad.

Hamburg/Teheran. Das Geiseldrama an der US-Botschaft in Teheran, das vor 30 Jahren begann, ist eines der großen außenpolitischen Traumata der USA. 444 Tage lang waren 52 Diplomaten Spielball der damals neuen iranischen Regierung mit Revolutionsführer Ayatollah Khomeini an der Spitze. Und noch immer ist der Jahrestag der Botschaftsbesetzung für die iranische Regierung Anlass, hasserfüllte Demonstrationen gegen die USA zu organisieren. Einmal mehr nutzte gestern aber die Opposition den regierungstreuen Protest für ihren eigenen Aufstand. Tausende von Oppositionellen demonstrierten erneut gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Juni.

Es war die die größte Kundgebung seit dem 18. September. Damals hatten die Oppositions-Anhänger die offiziellen Feiern zum Al-Kuds-Tag, einem Gedenktag zur Unterstützung des Befreiungskampfs der Palästinenser, für ihren eigenen Protest genutzt.

Die Reaktion des iranischen Regimes war nach unbestätigten Berichten erneut brutal. Als die Polizei mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Demonstranten vorging, gab es Verletzte. Es sollen auch Schüsse gefallen sein. Mit Motorrädern versuchte die Polizei die Oppositionellen auseinanderzutreiben. Die "Times" berichtet, dass Autofahrer, die mit ihren Hupen den inoffiziellen Protest unterstützten, angegriffen wurden. Das Handy-Netz wurde demnach gestört, Journalisten die Berichterstattung verboten. Sie sollten nur über von der Regierung unterstützten Anti-USA-Kundgebungen berichten.

Die Oppositionellen jedoch ließen sich allen Warnungen zum Trotz nicht zurückhalten. Nach Angaben von Augenzeugen riefen sie "Tod dem Diktator" und "Keine Angst, keine Angst, wir halten alle zusammen". Die regierungstreuen Demonstranten skandierten hingegen "Tod den USA" und "Tod Israel". Nach Angaben von Augenzeugen sollen mehrere Oppositions-Anhänger festgenommen worden sein.

Der frühere Parlamentspräsident Mehdi Karrubi sei von Anhängern des Präsidenten Ahmadinedschad angegriffen worden und habe die Demonstration verlassen müssen. Das Haus von Oppositionsführer Hussein Mussawi soll umstellt worden sein, um ihn dort festzuhalten. Bei den Protesten gegen Ahmadinedschad im Sommer waren bereits rund 400 Menschen festgenommen und bis zu 80 getötet worden. Die Regierung setzt alles daran, aufflammende Proteste zu ersticken. Nach Angaben der "Times" versuchen die gefürchteten Revolutionsgarden sogar die Farbe der Opposition für sich zu erobern. Sie verteilten grüne Tücher an den Schulen, allerdings mit Parolen für den obersten Religionsführer Ali Chamenei. Trotz der Anti-US-Kundgebungen ging US-Präsident Barack Obama erneut auf den Iran zu. Die USA wollten die Vergangenheit hinter sich lassen und eine auf "gegenseitigen Interessen und Respekt" basierende Beziehung aufbauen. Er fügte hinzu: "Wir haben 30 Jahre lang gehört, wogegen der Iran ist. Nun ist die Frage: Für welche Zukunft ist der Iran?"