Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass Kruzifixe in Klassenzimmern das legitime “Recht der freien Wahl der Eltern“ verletze, ihre Kinder zusammen mit Kindern gläubiger oder ungläubiger Eltern weltanschaulich völlig neutral erziehen zu lassen.

Rom/Straßburg. Das Gericht in Straßburg gab damit in letzter Instanz und einstimmig einer Klägerin aus Abano Terme bei Padua, der Stadt des heiligen Antonius, recht. Signora Soile Lautsi war bisher in allen Instanzen mit ihrem Begehren gescheitert, ihre beiden schulpflichtigen Kinder in Räumen ohne alle religiösen Symbole unterrichten zu lassen. Denn das oberste italienische Verwaltungsgericht, wo die Klage zuletzt abgewiesen worden war, hatte im Jahr 2006 auch entschieden, das Kreuz sei zu einem Symbol für die Werte Italiens geworden.

So hatte der Fall in Italien seit Langem für viel Aufregung gesorgt. Für großes Aufsehen sorgte vor Jahren auch der Fall des in Ägypten geborenen, halb schottischen Signor Smith in dem kleinen Dorf Ofena in den Abruzzen, der spät zum Glauben des Propheten konvertiert war, sich danach zum Präsidenten einer von ihm gegründeten Muslimischen Union Italiens ernannte und mit spektakulären Aktionen dafür kämpfte, seinen Söhnen Khaled und Adam beim Erlernen des Einmaleins in der Dorfschule den Anblick des Gekreuzigten zu ersparen.

Ein Richter gab der Klage des "muslimischen Mitbürgers" damals nach, doch inzwischen ist in der Realität der Abruzzen wieder sehr viel Ruhe um den Fall eingekehrt. Das letzte Wort dürfte damit auch mit dem Entscheid aus Straßburg noch nicht gesprochen sein. Stefano De Lillo von der regierenden PDL kommentierte "die absurde Entscheidung" aus Frankreich mit den Worten: "Seit Langem arbeitet Straßburg gegen die europäische Identität, die der erste Existenzgrund der Europäischen Union ist und nicht der letzte." Antonio De Poli von der oppositionellen UDC bedauerte das Urteil als einen "weiteren Schritt auf dem Weg des Verlustes unserer Wurzeln, unserer Geschichte und unserer Kultur." Premier Silvio Berlusconi ließ derweil ankündigen, dass die italienische Regierung gegen das Urteil Berufung einlegen wird.