Acht Millionen Briten verfolgten die Diskussion mit Rechtsextremist Nick Griffin. Der umstrittene Auftritt hat heftige Proteste ausgelöst.

London. In einer Demonstration des Rechts auf freie Rede hat die BBC dem Anführer der britischen Nationalisten, Nick Griffin, Gelegenheit gegeben, in einer beliebten Diskussionsrunde seine Ansichten vor einem Millionenpublikum darzustellen. Die Entscheidung des Generaldirektors der BBC, Mark Thompson, Griffin zur prominenten "Question Time" einzuladen, in der jede Woche fünf Prominente Fragen aus dem Publikum im Studio beantworten, stieß auf teilweise scharfe Ablehnung. Vor dem Sendezentrum der BBC demonstrierten Tausende gegen Griffin und seine rassistisch eingefärbte Partei. Etwa 25 Protestierer konnten in das Gebäude der BBC vordringen und mussten gewaltsam entfernt werden. Mehrere wurden festgenommen.

Dem 50-jährigen Griffin war bei den Europawahlen im Juni dieses Jahres zusammen mit einem zweiten Parteimitglied der Sprung in das Europäische Parlament gelungen, seine Partei konnte sich auf sechs Prozent Stimmenanteil verbessern. Damit stellte sich für die BBC die Frage, ob sie als öffentlich-rechtliche, überparteiliche Institution die Rolle eines Zensors ausüben und unbeliebten öffentlichen Figuren, in diesem Fall dem Anführer der British National Party (BNP), Zutritt und Auftritt verwehren dürfe. Thompson verneinte dies angesichts des Erfolgs, den die BNP zuletzt in einer demokratischen Wahl erzielt habe. Im Übrigen sei die Partei nicht verboten. Man könne ihr also eine Plattform zur freien Diskussion nicht verweigern.

Ob Griffin diese Plattform hat nutzen können, wurde gestern in den britischen Medien unterschiedlich beurteilt. Offensichtlich war, wie nervös und sichtlich unwohl der Mann, der sich als "bestgehassten Menschen in Großbritannien" ausgibt, auf die Wellen der Ablehnung reagierte, die ihm vom Podium und aus dem Publikum entgegenschlugen. Er verhedderte sich in zum Teil bizarren Argumenten oder blieb Antworten nach vielen seiner extremen Positionen einfach schuldig.

Von Winston Churchill behauptete er, dieser "würde sich heute der BNP anschließen, weil keine andere Partei ihn würde haben wollen". Das Einzige, was er zur Begründung dieser "geisteskranken These" ("Daily Telegraph") vorbringen konnte, waren angeblich kritische Äußerungen des frühen Churchill gegen massenhafte Immigration sowie gegen den islamischen Fundamentalismus.

Brandheiß wurde es beim Thema Holocaust. Griffin war vor Jahren wegen Anstiftung zum Rassenhass zu fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Unter seinen Lieblingssätzen war damals auch dieser: "Die herkömmliche Meinung besagt, dass die Nazis sechs Millionen Juden ermordet haben ... Aber die herkömmliche Meinung sagte früher auch, dass die Erde eine Scheibe sei." Auf die Frage eines jüdischen Zuhörers während der Sendung, was ihm einfalle, den Holocaust auf die Stufe solcher Mythen zu stellen, stotterte Griffin nur, er wisse nicht, wie er zu diesen Auffassungen gekommen sei, aber "europäische Gesetze" wie die Bestrafung von Holocaust-Leugnern hinderten ihn daran, sich deutlicher auszudrücken.

So ging es über lange Strecken seiner zum Teil konfusen Beiträge, ob er den Ku-Klux-Klan für "gewaltfrei" erklärte oder die "eingeborenen weißen Briten" bis auf die Eiszeit zurückführte. Die BNP lässt bisher nur Weiße als Mitglieder zu, muss das aber bis zum Januar 2010 ändern, andernfalls würde sie für verfassungswidrig erklärt. Die Nationalisten erhalten starken Zulauf dank der Empörung im Lande über die weitgehend unkontrollierte Immigration auf die Britische Insel. Hier liegt die Anziehungskraft der BNP-Botschaft: dass die "Einheimischen" allmählich zu "Fremden in ihrem eigenen Land" würden.