Die tschechische Regierung strebt nach den jüngsten Forderungen des Prager Präsidenten Vaclav Klaus Verhandlungen mit den europäischen Partnern zum EU-Reformvertrag an.

Prag. Voraussichtlich werde das Thema beim EU-Gipfel Ende Oktober behandelt, sagte der pro-europäische Ministerpräsident Jan Fischer nach einer Kabinettssitzung. Man wolle aber keinesfalls den Ratifizierungsprozess des Lissabon-Vertrags neu aufrollen. Fischer wird heute zu einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel erwartet.

Der EU-Kritiker Klaus hatte am Freitag mitgeteilt, er werde den EU-Reformvertrag nur ratifizieren, falls für Tschechien wie zuvor auch für Polen und Großbritannien die EU-Grundrechtcharta ausgesetzt werde. Damit will Klaus sein Land vor Rückgabeforderungen von Vertriebenen schützen. Mehr als zwei Millionen Sudetendeutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grundlage der umstrittenen Benes-Dekrete aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben und enteignet.

Aus Sicht von Klaus könnte die Grundrechtcharta der EU ihnen ermöglichen, vor internationalen Gerichten auf Rückgabe und Entschädigung zu klagen.

Fischer wiederholte, die Regierung teile aufgrund juristischer Analysen die Bedenken von Klaus nicht. Der Präsident solle vor neuen Verhandlungen "eindeutig garantieren", dass er keine weiteren Bedingungen stellen werde, sagte Fischer. Tschechien ist mittlerweile das letzte EU-Land, in dem der Lissabon-Vertrag noch vor Hindernissen steht.