In den frühen Morgenstunden haben die französischen Behörden gestern das als “Dschungel von Calais“ bekannt gewordene Flüchtlingslager am Ärmelkanal räumen lassen.

Hamburg. Bereits Ende vergangener Woche hatte Eric Besson, Frankreichs Minister für Einwanderung, Integration und nationale Identität, verkündet, die Zustände in dem illegalen Lager nicht länger zu dulden. "Der Einsatz richtet sich nicht gegen die Migranten an sich", betonte Besson. In dem Lager hätten hygienisch unhaltbare und für die Region gefährliche Bedingungen geherrscht. Kriminelle Banden und Menschenschleuser beuteten die Flüchtlinge aus.

Mit mehreren Bulldozern wurden die provisorischen Hütten der vorwiegend aus Afghanistan, dem Irak, Eritrea und dem Sudan stammenden Immigranten dem Erdboden gleichgemacht. Die Polizei nahm insgesamt 276 Menschen fest - unter ihnen auch zahlreiche Minderjährige. Die meisten Männer wehrten sich nicht, als sie abgeführt wurden. Viele weinten und schrien. Nur eine kleine Gruppe, die sich der Räumung widersetzte, wurde von der Polizei davongetragen.

Aufgrund der Ankündigung hatte sich ein Großteil der Flüchtlinge allerdings schon im Vorfeld aus dem Staub gemacht. In den vergangenen Monaten hatten sich schätzungsweise bis zu 1000 Immigranten in der Gegend um Calais aufgehalten. Sie bezahlten Schlepper, um illegal nach Großbritannien zu gelangen.

Die verbliebenen Bewohner wurden von den rund 500 Polizisten per Megafon aufgefordert, ihre Hütten zu verlassen. Dutzende Aktivisten versuchten mit Menschenketten ein Durchdringen der Beamten zu verhindern. Mithilfe von Menschenrechtsgruppen hatten die Flüchtlinge Spruchbänder vorbereitet. "Wir brauchen eine Unterkunft und Schutz", stand darauf und auch: "Wir wollen nicht zu uns zurück, selbst wenn wir hier sterben müssen."

Über das Schicksal der Menschen, so sicherte der französische Einwanderungsminister dem Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zu, werde von Fall zu Fall entschieden. Flüchtlinge aus instabilen Kriegsgebieten wie Afghanistan würden nicht zur Rückkehr gezwungen werden. Den übrigen Immigranten wurde Hilfe bei der freiwilligen Rückkehr und ein volles und faires Asylverfahren angeboten.