Während gestern auf einer Konferenz der EU-Innenminister in Brüssel mit großer Zustimmung über ein gemeinsames Programm zur Ansiedlung von Flüchtlingen aus Nicht-EU-Staaten beraten wurde, kämpft das Mitgliedsland Frankreich an heimischer Front mit einem besonders drastischen Problem der Asylproblematik.

Hamburg. Frankreichs Minister für Einwanderung, Integration und nationale Identität, Eric Besson, verkündete kürzlich, die illegalen Flüchtlingslager rund um die Küstenstadt Calais bis Ende dieser Woche auflösen zu lassen. Das als "Dschungel von Calais" bekannt gewordene Gebiet wird derzeit von mehreren Hundert Flüchtlingen und Immigranten bewohnt, die zum Großteil aus Afghanistan, dem Irak, Eritrea und dem Sudan kommen. Sie warten an der französischen Küste auf einen illegalen Transfer per Fähre oder durch den Tunnel nach Großbritannien.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte in seiner Zeit als Innenminister 2002 ein legales Flüchtlingslager des Roten Kreuzes in Sangatte bei Calais schließen lassen. Grund war, dass vor allem die britischen Behörden in dem Lager einen Anziehungspunkt für immer weitere Flüchtlinge sahen.

Doch der Strom der Immigranten riss seitdem nicht ab. Nun hausen die Flüchtlinge illegal in selbst konstruierten Hütten aus Teppich, Plastikplanen und Brettern. Die hygienischen Zustände sind katastrophal - Krankheiten wie Typhus und Krätze grassieren. Eine Grundversorgung ist praktisch nicht gegeben.

Nun soll der "Dschungel" so schnell wie möglich geräumt werden. Erste Polizisten sind dabei, das Gebiet zu sondieren. "Wir können dies mit Blick auf die hygienischen Zustände und die öffentliche Ordnung bei uns nicht akzeptieren", erklärte Außenminister Bernard Kouchner. In der Region wurde verstärkt über eine Zunahme der Kriminalität geklagt. Besondere Umsicht sei jedoch bei den afghanischen Flüchtlingen geboten, erläuterte der Außenminister weiter. "In ihrem Land herrscht Krieg, sie sind vor dem Elend dort geflohen." Auch Einwanderungsminister Besson betonte die spezielle Stellung der Kriegsflüchtlinge: "Wenn es die Lage in Afghanistan nicht erlaubt, wird niemand zur Rückkehr gezwungen."

Derweil hat das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Frankreich dazu aufgerufen, Asylbewerbern und schutzbedürftigen Vertriebenen die nötige Hilfe zukommen zu lassen. Nach einem Treffen mit Besson erklärte Uno-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres, besonders unbegleitete Minderjährige bräuchten Schutz.

Das UNHCR erklärte außerdem, Frankreich habe zugesichert, jeden Einzelfall gründlich zu prüfen. Neben vollen und fairen Asylverfahren solle den Flüchtlingen auch die freiwillige Rückkehr ins Heimatland angeboten werden. Sollten sie diese Möglichkeiten aber nicht annehmen, so würden die Flüchtlinge abgeschoben.