Mindestens 16 Menschen sterben. Explosion löst in Rom Debatte über Afghanistan-Einsatz aus. Hamid Karsai nennt Anschlag “barbarisch“.

Hamburg/Kabul. Es war viel los auf der Straße von Kabuler Zentrum zum Flughafen. Autos, Händler, Fußgänger. Dann zerriss gegen Mittag eine gewaltige Detonation die geschäftige Ruhe. Der Boden bebte im weiten Umkreis, wo die amerikanische und britische Botschaft sowie andere Militäreinrichtungen liegen. Ein Selbstmordattentäter hatte ein mit Sprengstoff beladenes Auto in ein gepanzertes Fahrzeug mit italienischer Flagge gelenkt. Wie der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa in Rom sagte, waren zehn italienische Fallschirmjäger in zwei Fahrzeugen unterwegs. Sechs von ihnen seien getötet, drei weitere verletzt worden. Außerdem starben zehn Zivilisten, etwa 50 wurden verletzt. Es war einer der größten Anschläge gegen die ausländischen Truppen. Dazu bekannten sich die Taliban.

In Italien löste der Tod der Soldaten tiefe Bestürzung und eine neue politische Debatte über das militärische Engagement am Hindukusch aus. Der Chef der Senatoren der Regierungspartei PdL, Maurizio Gasparri, hält den italienischen Einsatz für "Freiheit und Demokratie" in Afghanistan für unabdingbar: "Es ist die richtige Sache, auch wenn sie ihren Preis fordert." Dagegen meinte der frühere Staatssekretär im Außenministerium, Vittorio Craxi, es sei an der Zeit, diese Mission zu überprüfen. "Die Attacke von heute bestätigt doch nur, dass mit dem westlichen militärischen Einsatz kein politischer Fortschritt einhergeht", meinte der Sozialist.

Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes sind damit insgesamt 21 italienische Soldaten ums Leben gekommen. Gegenwärtig sind 3250 Italiener im Westen des Landes sowie in Kabul stationiert. Rom ist damit der sechstgrößte Truppensteller am Hindukusch. Ministerpräsident Silvio Berlusconi bekundete den Angehörigen sein Beileid. Der afghanische Staatschef Hamid Karsai verurteilte den Anschlag als "barbarisch" und "anti-islamisch". Im Europaparlament löste die Explosion Bestürzung aus. Die Abgeordneten gedachten der Opfer mit einer Schweigeminute.

Der Bundeswehr bescheinigte unterdessen die von Karsai eingesetzte Untersuchungskommission, dass die Verantwortung für den Luftschlag auf zwei Tanklastwagen bei Kundus die Taliban trügen. Karsai traf die Delegierten gestern. In einer Mitteilung des Präsidenten wurden frühere Aussagen der Kommission bestätigt, wonach 30 Zivilisten und 69 Taliban-Kämpfer bei dem Bombardement getötet worden sind. "Der Vorfall ist sehr bedauerlich, denn wir haben zu viele Zivilisten verloren", sagte Karsai, nahm aber Deutschland in Schutz. Deutschland sei "ein alter Freund Afghanistans, und die Afghanen wissen das sehr, sehr gut", sagte er. Karsai lobte auch den Ablauf der umstrittenen Wahlen. "Ich glaube fest an die Integrität der Wahl, an die Integrität des afghanischen Volkes und an die Integrität der Regierung in diesem Prozess", sagte er. Nach Angaben der Wahlkommission (IEC) hat Karsai 54,6 Prozent der Stimmen gewonnen.