Sie ist das innenpolitische Kernelement der jungen Amtszeit von Barack Obama - doch die geplante Gesundheitsreform wird immer mehr zu einer Belastung für den US-Präsidenten.

Hamburg/Washington. Für die meisten Europäer unverständlich, liefert der Umstand, dass Obama den rund 47 Millionen Amerikanern ohne jede Krankenversicherung einen staatlichen Schutz bieten will, seinen konservativen Gegnern nun reiche Munition. Die meisten Amerikaner sind über ihre Arbeitgeber versichert oder haben teure private Versicherungen. Für diejenigen, die auf keine der beiden Arten versichert sind, kann eine schwere Erkrankung den Ruin bedeuten. Die Demokraten unter Obama wollen, dass der Staat diese Menschen in einer Versicherung auffängt.

Am Wochenende protestierten Zehntausende Amerikaner in Washington gegen das fast eine Billion Dollar teure Projekt. Es war die wohl größte Protestveranstaltung seit Amtsantritt von Obama im Januar.

Republikaner und konservative Demokraten wittern in einem staatlichen Versicherungsplan die Einführung eines "sozialistischen" Regierungsdirigismus in den USA. Zudem fürchten viele Bürger, dass die enormen Kosten des Projekts nur durch massive Steuererhöhungen gedeckt werden könnten und die USA in den Ruin führen werden. Die privaten Versicherer treibt die Sorge um, dass damit eine Verstaatlichung des gesamten Gesundheitssektors eingeleitete werden soll.

Obama warf seinen Kritikern in Minnesota Panikmache vor. "Viele verbreiten Angst, anstatt sich einer ehrlichen Debatte zu stellen", sagte der Präsident. "Ich rücke nicht von dem Prinzip ab, dass Amerikaner, die keine erschwingliche Versicherung finden können, von uns eine Alternative bekommen." Jenen Bürgern, die schon über ihren Arbeitgeber versichert seien, drohten durch die Reform keine Nachteile, versicherte Obama. Den Status quo werde er niemals akzeptieren.

Viele Protestierer waren Ende August in Kalifornien aufgebrochen und hatten unterwegs in 34 Städten gegen die Gesundheitsreform agitiert. In Washington hielten sie Plakate hoch, auf denen US-Präsident Obama mit Hitler verglichen wurde. Sie stellen die in der Gesundheitsreform vorgesehene Beratung für kranke alte Menschen als "NS-Euthanasie-Programm" vor.