Baitullah Mehsud schon heimlich beigesetzt. Die Ratsversammlung der Islamisten berät über einen Nachfolger.

Singapur. Wenn stimmt, was Reporter und Sicherheitsdienste melden, dann ist einer der meistgesuchten Terroristen der Welt tot - Baitullah Mehsud stand für die nächste Generation der Taliban, für deren besondere Rücksichtslosigkeit und Expansionsdrang. Er war der Anführer der Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP), Pakistans Taliban. Er verteidigte die Rückzugsräume der Milizen aus dem benachbarten Afghanistan, und damit war er ein Hauptfeind des Westens beim Krieg am Hindukusch.

Gegen 1.00 Uhr in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch soll Baitullah Mehsud durch Geschosse einer amerikanischen Drohne getötet und schon am Mittwoch heimlich beerdigt worden sein. Geheimdienstberichten zufolge soll Pakistans Staatsfeind Nummer eins im oberen Stockwerk des Hauses seines Schwiegervaters Malik Ikaramuddin in dem Dorf Zangara übernachtet haben. Seine junge Frau, die er erst im vergangenen Jahr geheiratet hatte, sein Bruder und sieben Wächter gehörten ebenfalls zu den Opfern. Zunächst waren die Gerüchte über den Tod des Taliban-Chefs nicht bestätigt worden. Dann erklärte Außenminister Shah Mahmud Qureshi unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse in die Mikrofone: "Er wurde ausgeschaltet." Das deutlichste Zeichen, dass Pakistans Taliban ihren Führer verloren haben, ist wohl die Schura, eine große Ratsversammlung in Nigosa in Süd-Waziristan, an der am Freitag angeblich mehr als Tausend Taliban teilnahmen. Sie wählen wohl einen neuen Anführer. Erst dann, meinen Experten, werden sie zu Baitullahs Tod Stellung nehmen.

Washington hat auf Mehsud ein Kopfgeld von fünf Millionen Doller ausgesetzt. Eine lange Reihe von Terroranschlägen wird ihm angelastet, unter anderem der Mord an der früheren Premierministerin Benazir Bhutto im Dezember 2007. Mehsud war der neue starke Mann der Islamisten. Alle anderen Gruppen der sonst verfeindeten Taliban hatten sich seiner Miliz angeschlossen. Mehr als 20 000 sollen auf sein Kommando gehört haben.

Über den kleinwüchsigen Diabetiker Mehsud sind nicht viele Einzelheiten bekannt. Er war öffentlichkeitsscheu, doch wer ihn getroffen hat, sprach von überwältigendem Charisma. "Nur der Dschihad", sagte er einst, "kann der Welt Frieden bringen."

Der wahrscheinlich 37-jährige Sohn eines islamischen Predigers hatte 2001 als Fußsoldat der Taliban in Afghanistan begonnen. Arabische Fundamentalisten, die sich in Pakistans Stammesgebiete hinter der Grenze zu Afghanistan geflüchtet hatten, rüsteten ihn aus. Damals traf er seinen Mentor, den usbekischen Islamistenführer Qari Tahir Yuldaschev. Er schulte Mehsud in seiner staatsfeindlichen Ideologie und extremen Kampf-Strategie. Er machte ihn auch zum Kommandeur über 2500 Usbeken - eine berüchtigte Miliz, die die Stammesregion mit Terror überzog. Das war der Auftakt für Mehsuds Karriere als Kriegsfürst. Im Dezember 2007 übernahm er das Kommando über die TTP und bildete daraus eine Art Dachverband aller islamistischen Kleingruppen Pakistans. Seine Ziele: Kampf der Regierung und dem Westen und die Einführung der Scharia.

Mehsud machte die TTP zu dem, was sie heute ist. Er nahm die zersplitterte Al-Qaida-Führung mit ebenso offenen Armen auf wie jeden fanatischen Kämpfer, der gleiche oder ähnliche Ziele hatte. Gleichzeitig vertrieb er Stammesälteste aus der Region und ersetzte sie durch Mitglieder seines Mehsud-Stammes. Dann schickte er diese wachsende Horde erbitterter Killer ins Feld: für Raub und Entführungen bis hin zu Terror in großem Stil in den Städten Islamabad und Karatschi - und sogar über die Grenzen Pakistans hinaus.