Präsident ruft das Land zu Einigkeit auf und warnt die Opposition vor Beleidigungen und Einmischungen.

Berlin/Teheran. Proteste auf der Straße, leere Stühle im Parlament: Der neue, alte iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat sicherlich eine andere Vorstellung von machtvoller Demonstration, die gewöhnlich die Amtseinführung eines Staatspräsidenten auszeichnet. Nach den Protesten, die seine Wiederwahl im Juni begleitet hatten, dürfte Ahmadinedschad sich eigentlich nicht über diesen Beginn seiner zweiten vierjährigen Amtszeit wundern.

Während Sicherheitskräfte in unmittelbarer Nähe zum Parlamentsgebäude Hunderte Demonstranten mit Schlagstöcken auseinandertrieben, war auch in den Sitzreihen des Parlaments, des Majlis, die Abneigung gegen ihn sichtbar. Seine Vorgänger, die reformorientierten Kleriker Ali-Akbar Haschemi Rafsandschani und Mohammad Chatami waren der Zeremonie ferngeblieben, ebenso mindestens 50 Abgeordnete der Opposition.

Augenzeugen berichten, weitere Abgeordnete hätten während Ahmadinedschads Antrittsrede unter Protest den Saal verlassen. Einige Staaten entsandten nicht wie üblich Botschafter zu der Feier, darunter auch Deutschland, das nur einen niederrangigen Diplomaten als Beobachter schickte. Ein Regierungssprecher hatte zuvor in Berlin die Zweifel der Bundesregierung an der Rechtmäßigkeit der Wahl Ahmadinedschads bekräftigt.

Die Anhänger des nach offiziellen Angaben unterlegenen Reformkandidaten Mir Hussein Mussawi beschuldigen den Präsidenten, die Wahl am 12. Juni gefälscht zu haben und das Amt zu unrecht zu übernehmen. Der Wahl folgten massive Proteste, die zum Teil gewaltsam niedergeschlagen wurden. Wegen befürchteter Proteste am Tag der Amtseinführung hatte die Führung Hunderte Polizisten aufgeboten und die U-Bahnstation nahe dem Parlament geschlossen. Dort gingen Sicherheitskräfte mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Hunderte Demonstranten vor. Augenzeugen berichteten, mindestens zehn Menschen seien festgenommen worden. Viele Demonstranten trugen als Zeichen der Trauer schwarze Hemden und riefen "Tod dem Diktator".

Ahmadinedschads Rede fiel vergleichsweise verhalten aus. Vor allem rief er zu Einigkeit auf: "Wir sollten uns an der Hand fassen, während wir voranschreiten, um unsere Ziele zu erreichen", sagte der Präsident. Die Demonstrationen gegen seine Regierung erwähnte er nicht, deutete aber Widerstand gegen die Opposition an: "Wir werden Missachtung, Einmischung und Beleidigungen nicht dulden." Anders als in früheren Reden verzichtete er auf direkte Kritik am Westen. Ohne einzelne Nationen beim Namen zu nennen, sagte Ahmadinedschad, einige wollten "Demokratie nur, wenn sie ihren eigenen Interessen nützt". An die Adresse Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der USA, die kein offizielles Gratulationsschreiben an den Präsidenten geschickt hatten, fügte er hinzu: "Niemand im Iran braucht eure Glückwünsche."

Die Frage, ob diplomatische Vertreter an der Zeremonie teilnehmen sollten, hatte zuvor den Westen gespalten. Der Europapolitiker Elmar Brok (CDU) hatte die Entscheidung Schwedens, seinen Botschafter zu entsenden, scharf kritisiert. Das Land hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. "Schweden hat zwar als Land der Präsidentschaft teilgenommen, aber nicht für die gesamte Union", sagte der schwedische Außenamtssprecher Anders Jorle der "Welt". Jedes Land habe selbst entschieden, ob es teilnehmen wolle. Es sei wichtig, den Kontakt zum Iran nicht abreißen zu lassen. Und die Teilnahme bedeute nicht, dass man Menschenrechtsverletzungen hinnehme. Grünen-Chefin Claudia Roth bezeichnete die Präsenz europäischer Vertreter als ein "verheerendes Signal" für die Iraner.