Ayatollah Chamenei will nicht nachgeben. Expertenrat verlängert aber Frist für Prüfung des Wahlergebnisses.

Hamburg/Teheran. Grüne und schwarze Luftballons sollen in den Himmel über Teheran steigen: die grünen ein Zeichen der Hoffnung auf Wandel, die schwarzen eine Erinnerung an die getötete Demonstrantin Neda Agha-Soltan. Das planen die Anhänger des iranischen Oppositionsführers Mir Hussein Mussawi für den morgigen Freitag. Das mit einem Handy gefilmte Video, das den Tod der jungen Frau zeigt, geht seit Tagen um die Welt. Auf vielen der schwarzen Ballons soll in Weiß "Neda, du wirst für immer in unseren Herzen bleiben" zu lesen sein. Viele Teheraner legten seit gestern Blumensträuße vor dem Haus von Neda nieder.

Bisher ist unklar, ob das Video echt ist und wer Neda getötet hat. Die iranische Nachrichtenagentur Fars berichtete gestern aber unter Berufung auf die Polizei, Neda sei bei einer Kundgebung erschossen worden. Die Polizei gehe davon aus, dass die Waffe aus dem Ausland eingeschmuggelt worden sei.

Währenddessen fährt die iranische Führung weiter eine harte Linie gegen die Proteste. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften verhinderte gestern im Parlamentsviertel von Teheran eine Demonstration von Oppositionsanhängern. Das iranische Innenministerium verbot alle Demonstrationen für die kommenden Tage. Das geistliche Oberhaupt, Ayatollah Ali Chamenei, bekräftigte die Haltung der Regierung. Die Führung werde nicht "zurückweichen", erklärte Chamenei. "Weder das System noch das Volk werden nachgeben."

Gleichzeitig scheint sich die Auseinandersetzung von der Straße hinter die Kulissen der Staatsführung zu verlagern. Gestern sollte der Wächterrat das Endergebnis der Wahl vom 12. Juni verkünden.

Der mächtige Expertenrat des Iran jedoch, ein Gremium von 86 Geistlichen, gab dem Wächterrat fünf weitere Tage Zeit, das Wahlergebnis zu prüfen. Tagesschau.de berichtete, Chamenei habe dem zugestimmt. Der Expertenrat, in dem Oppositionsführer Mussawi einflussreiche Fürsprecher hat, ist offenbar nicht bereit, einfach zur Tagesordnung zurückzukehren.

Einer der unterlegenen Kandidaten jedoch, Mohsen Resaie, zog gestern seine Beschwerde gegen das Wahlergebnis zurück. Er begründete dies mit der "politischen, sozialen Situation sowie der Sicherheitslage", so die Nachrichtenagentur Irna. Der frühere Kommandeur der Revolutionsgarden zählt allerdings nicht zu den Reformern.

Auf der Website des Oppositionsführers Mussawi meldete sich gestern dessen Ehefrau Sahra Rahnaward, eine bekannte Politologin und Künstlerin, zu Wort. Sie forderte die Regierung auf, nicht so zu handeln, "als gelte Kriegsrecht auf den Straßen Teherans". Sie stehe weiter auf der Seite der Demonstranten, die Proteste sollten aber friedlich bleiben.

Irans Außenminister Manuchehr Mottaki verschärfte derweil den Ton gegen den Westen. Die Führung in Teheran erwäge, die Beziehungen zu Großbritannien herabzustufen, sagte er.

Geheimdienstminister Gholamhossein Mohseni-Edschei warf "einigen Leute mit britischen Pässen" vor, "in die jüngsten Aufstände verwickelt" zu sein. In Deutschland haben sich prominente Teilnehmer der Berliner Anti-Schah-Kundgebung vom 2. Juni 1967 mit der heutigen Protestbewegung im Iran solidarisiert, darunter der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, der Schriftsteller Peter Schneider und die Filmemacherin Helke Sander, berichtete die "taz". In Hamburg wollen Regimegegner heute Abend am Jungfernstieg mit einer Lichterkette an die Opfer der Demonstrationen im Iran erinnern.