Bisher schwerste Unruhen. Oppositionsführer Mussawi ist “bereit zum Märtyrer“. Merkel fordert Neuauszählung der Stimmen.

Teheran/Berlin/Hamburg. Teheran ist von den bislang schwersten Unruhen seit Beginn der Oppositionsproteste erschüttert worden. Bei stundenlangen Straßenschlachten zwischen Milizen und Demonstranten sind nach Berichten des staatlichen iranischen Fernsehens 13 Menschen getötet worden. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt. Tausende Anhänger der Opposition setzten sich offen über ein Demonstrationsverbot hinweg.

Auch gestern Abend fielen in Teheran wieder Schüsse. Mehrere ausländische Botschaften im Iran haben E-Mails mit dem Appell erhalten, verletzte und flüchtende Oppositionsanhänger aufzunehmen. Darunter ist nach unbestätigten Berichten auch die deutsche Vertretung.

Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi sagte, er werde seinen Kampf fortsetzen. Er sei "bereit, zum Märtyrer zu werden". Mussawi, der bei der Präsidentenwahl unterlegen war und Staatschef Mahmud Ahmadinedschad Wahlbetrug vorwirft, rief die Regierung auf, friedliche Kundgebungen zuzulassen. "Wenn sie mich verhaften, dann sollten alle die Arbeit niederlegen", sagte er.

Das Staatsfernsehen bezeichnete die Demonstranten als "Terrorgruppen" und "Randalierer". Es gab Berichte von einem Selbstmordanschlag am Imam-Khomeini-Mausoleum, bei dem mindestens zwei Menschen getötet worden seien. Der Schrein des islamischen Revolutionsführers gilt vielen Iranern als heilig. Mit einem massiven Polizeiaufgebot versuchten die Behörden das Demonstrationsverbot durchzusetzen. Nach Augenzeugen-Berichten ging die Polizei mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor, die "Tod der Diktatur" und "Tod dem Diktator" riefen. Die Polizei habe Wasserwerfer mit kochend heißem Wasser eingesetzt. Offizielle Quellen sprachen von 450 Festnahmen.

Ex-Präsident Mohammed Chatami warnte, Sicherheitskräfte und Militär könnten durch Verhängung des Kriegsrechts die Macht im Land übernehmen. Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, dessen Tochter bei einer Demonstration festgenommen wurde, unterstützt nach Agenturberichten Mussawi ebenfalls.

US-Präsident Barack Obama rief Teheran dazu auf, "alle gewaltsamen und ungerechten Aktionen gegen die eigene Bevölkerung zu stoppen". Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte eine Neuauszählung der Stimmen. Das Regime kündigte daraufhin an, die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland, Frankreich und Großbritannien zu überprüfen.

In Hamburg haben am Sonnabend 3000 Exiliraner gegen die Wiederwahl Ahmadinedschads protestiert.