Abendblatt:

Hätten Sie vermutet, dass die Situation im Iran so schnell eskaliert?

Antonia Rados:

Die Lage ist schon seit Ahmadinedschads Wahl im Jahr 2005 sehr gespannt. Immer wieder gab es Klagen vor allem von Jugendlichen über den scharfen Wind. Aber so etwas hat niemand erwartet.

Abendblatt:

Welche Unzufriedenheit nährt die Massenproteste, außer dem Wahlergebnis?

Rados:

Die Jugend ist sehr unzufrieden mit der Lage, es gibt zu wenig Freiheit, zu viele Arbeitslose. Einer sagte mir: Die Zeit seit Ahmadinedschad hat uns völlig erschöpft.

Abendblatt:

Ayatollah Chamenei hat Wahlmanipulationen ausgeschlossen und sich hinter Ahmadinedschad gestellt. Sind die Iraner enttäuscht?

Rados:

Ahmadinedschads Anhänger sind mehr als zufrieden damit, alle Hardliner sind das. Die Reformer müssen in diesen Tagen aber wohl das Schlimmste fürchten: einen Maulkorb oder auch Gewalt. Chamenei hat ja der Opposition gedroht: Wenn sie weitermacht, gibt es Blutvergießen - und sie werde schuld daran sein.

Abendblatt:

Wie lange wird die Opposition durchhalten?

Rados:

Alles hängt von Mussawi ab: Wird er weitermachen oder sich beugen? Die Demonstranten sagen, sie wollen einen Führer haben. Ohne den wird es schwierig für die Opposition.