Nach dem Verbot der Regierungspartei PPP dürfte sie nun unter einem neuen Namen wieder an die Macht streben.

Bangkok/Hamburg. Die Demonstranten sind abgezogen, die Müllberge werden entsorgt, die ersten Maschinen haben schon wieder von den Startbahnen abgehoben. Frachtmaschinen machten den Anfang, dann hob mit Thai Airways um 18.45 Ortszeit der erste internationale Passagierflug mit 388 höchst erleichterten Touristen an Bord ab. Nach Schätzungen des Tourismusministeriums in Bangkok warteten gestern noch rund 230 000 weitere Feriengäste darauf, das Land nach der tagelangen Blockade des Flughafens Suvarnabhumi endlich verlassen zu können.

Thailand scheint nach dem Machtkampf zwischen Regierung und Opposition, der zugunsten letzterer entschieden wurde, wieder zur Normalität zurückkehren zu können. Doch das anzunehmen, wäre eine Illusion. Auch wenn das Verfassungsgericht die Regierungspartei PPP wegen Unregelmäßigkeiten bei der letzten Parlamentswahl verboten und damit Regierungschef Somchai Wongsawat aus dem Amt entfernt hat, geht der innenpolitische Kampf nun in die nächste Runde. Und niemand kann sagen, ob er unblutig bleiben wird, ob am Ende doch wieder das mächtige Militär putschen wird - wie schon rund 20-mal seit 1931.
Reiseverkehr läuft wieder an


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Im Kern herrscht in Thailand eine vorrevolutionäre Situation. Es ist eine Art Frankreich des Jahres 1789 mit Laptop- und Handy-Technologie. Das monarchistische Thailand mit seinem hoch respektierten 81-jährigen König Bhumibol wird beherrscht von alten Eliten. Wie einst den Preußenkönigen "die janze Richtung nich" passte mit der Demokratie, so wollen auch diese Eliten eine Umwälzung des bestehenden Macht- und Wohlstandsgefüges mit allen Mitteln verhindern. Der längste Dorn im Auge war ihnen der Selfmade-Milliardär und Premierminister Thaksin Shinawatra, der seine eigene Klasse verriet und mit seiner Partei "Thai Rak Thai" (Thais lieben Thais) sozialpolitisches Neuland betrat: Thaksin verschaffte den Abermillionen Bitterarmen im Nordosten Thailands billige Kleinkredite und schuf eine erschwingliche Gesundheitsversorgung. Die Machtelite von Bangkok witterte die Revolution und schlug zurück.

Da fügte es sich wunderbar, dass Thaksin den Verlockungen der Macht selber nicht widerstehen konnte, dass der Telekom-Unternehmer Gesetze zu seinen finanziellen Gunsten ändern ließ, politische Schlüsselposten mit Günstlingen besetzte und sich zunehmend autoritär gebärdete. Als er ein Milliardengeschäft mit zurechtgebogenen Gesetzen zur Steuerfreiheit brachte, setzte ihn das Militär 2006 ab.

Doch "Thai Rak Thai" wurde flugs umetikettiert in "Peoples Power Party" (PPP), der Thaksin-Vertraute Samak Sundaravej führte die Regierungsgeschäfte weiter. Die Eliten fühlten sich düpiert. Und erreichten, dass auch Samak seinen Sessel räumen musste - mit dem etwas windigen Vorwurf, dass er nebenberuflich als Fernsehkoch aufgetreten sei.

Doch wieder blieb die PPP an der Macht - diesmal mit Thaksins Schwager Somchai als Premier. Die gelb gekleidete Opposition - Gelb ist die Farbe des Königshauses -, organisiert in der "Peoples Alliance for Democracy" (PAD), blockierte daraufhin die wichtigsten Flughäfen. Angeblich, um Somchais Rückkehr aus dem Ausland zu verhindern, tatsächlich jedoch, um per Chaos die Militärs zum Eingreifen zu zwingen. Im Windschatten eines Militärregimes ließen sich dann die demokratischen Errungenschaften drastisch zurückfahren, so das Kalkül. Die Demokratie sei ein westlicher Import und für Thailand nicht das Richtige, sagte PAD-Gründer Sondhi Limthongkul, ein Medienunternehmer. Die PAD ist dafür, 70 Prozent der Parlamentsabgeordneten nicht wählen, sondern ernennen zu lassen. Doch die Chaos-Strategie ging nicht auf; das Militär blieb gelassen. Das höchstrichterliche Verbot der PPP ist nur ein Tagessieg, sie wird wohl unter anderem Namen, vielleicht "Puea Thai" (Für Thailand) fröhliche Auferstehung feiern. Die Entscheidung im Machtkampf zwischen Palast und Hütte ist nur verschoben.