Auch nach den Olympischen Spielen erwarten Politiker und Menschenrechtler keine schnelle Demokratisierung Chinas. Die Spiele hätten zu einer Öffnung...

Frankfurt/Peking. Auch nach den Olympischen Spielen erwarten Politiker und Menschenrechtler keine schnelle Demokratisierung Chinas. Die Spiele hätten zu einer Öffnung des Landes beigetragen, sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gestern. Aber "die Olympischen Spiele, der Sport insgesamt, können die Welt nicht besser machen, als sie ist, oder jedenfalls nicht verändern", betonte Schäuble. Die ehemalige Justizministerin, Herta Däubler-Gmelin (SPD), rief dazu auf, das Thema Menschenrechte weiter auf der politischen Agenda zu belassen. Menschenrechtler sehen eine Verschlechterung der Lage in China durch die Spiele.

In China gebe es einen unbegrenzten Machtanspruch des staatlichen Regimes, sagte Schäuble. Es seien faszinierende Spiele gewesen, "aber natürlich wussten wir, China ist nicht ein demokratisches System". Der Wert der Spiele sei, dass alle in der Welt daran teilnehmen könnten. Das Sportereignis ging am Sonntag zu Ende.

Däubler-Gmelin, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, forderte: "Wir sollten die Menschenrechte deutlich und unnachgiebig anmahnen." Allerdings müsse auch anerkannt werden, welche Fortschritte China in Bezug auf Bildung, Gesundheitsversorgung und Armutsbekämpfung erreicht habe.

Nach Einschätzung des aus chinesischer Haft entlassenen Tibet-Aktivisten Florian Norbu Gyanatshang hat sich die Menschenrechtslage durch die Spiele in China sogar verschlechtert. "Peking hat mir eindrücklich gezeigt, dass die Olympischen Spiele zu einer viel strikteren Überwachung und nicht zu mehr Freiheit geführt haben", sagte der 30-jährige Deutsch-Tibeter gestern nach seiner Ankunft in Deutschland. Der Stuttgarter war nach Protesten gegen die chinesische Herrschaft in Tibet festgenommen und am Montag aus China ausgewiesen worden. In Peking seien überall Kameras und schwer bewaffnete Polizisten platziert gewesen. "All dies wird nicht verschwinden", so Gyanatshang. Auch die Unterdrückung der Tibeter gehe weiter.

Der chinesische Journalist und Publizist Shi Ming rechnet ebenfalls nicht mit einem Demokratisierungsschub. Die Lage in China sei nicht mit der von Südkorea 1988 vergleichbar, sagte Shi Ming im Deutschlandradio Kultur. Dort habe es auch vor den Sommerspielen bereits eine starke Opposition gegeben. "Die gibt es in China nicht", unterstrich der in Deutschland lebende Journalist.