Ehemaliger Gazprom-Aufsichtsratschef will Bürgerrechte stärken.

Moskau. Nach achtjähriger Präsidentschaft von Wladimir Putin steht nun sein Wunschnachfolger Dmitri Medwedew an der Spitze Russlands. Der 42-jährige Jurist legte gestern vor den Augen von rund 2400 geladenen Gästen bei einer prunkvollen Zeremonie im Moskauer Kreml den Amtseid auf die Verfassung ab. Medwedew hat mit dem Amt des russischen Präsidenten auch den sogenannten Atomkoffer zur potenziellen Startfreigabe von Atomraketen übernommen.

Seine erste Amtshandlung war die Nominierung Putins als Ministerpräsident. Bereits mehrfach hat er betont, dass er Putins Politik fortsetzen werde. In seiner Antrittsrede bezeichnete Medwedew "die Entfaltung bürgerlicher und wirtschaftlicher Freiheit" als seine wichtigste Aufgabe. "Ich werde alles tun, dass die Sicherheit unserer Bürger nicht nur durch das Gesetz garantiert, sondern tatsächlich von der Regierung gewährleistet wird", sagte der einstige Aufsichtsratschef des Energiekonzerns Gazprom. Er wolle außerdem Industrie und Landwirtschaft modernisieren, die Entwicklung neuer Technologien fördern und Investoren anziehen. Die EU bezeichnete er als wichtigsten Modernisierungspartner Russlands.

Medwedew neuer Herr im Kreml

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Dass die Wahl auf ihn fiel, galt auch als Signal für das Interesse an guten Beziehungen mit dem Westen. Anfang Juni wird er zu einem Antrittsbesuch nach Deutschland reisen. Seine ersten Staatsbesuche absolviert Medwedew jedoch in China und Kasachstan.

Viele Beobachter halten es für möglich, dass Putins Stimme künftig weiterhin mehr Gewicht hat als die des Staatschefs. Da Putin nicht nur Ministerpräsident werde, sondern auch die Führung der mit einer Zweidrittelmehrheit ausgestatteten Kreml-Partei Einiges Russland übernehme, übe er eine "Doppelfunktion in Exekutive und Legislative" aus, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD). Diese sei auf Putin "geradezu zugeschnitten". Medwedew gibt sich trotzdem selbstbewusst: "Es ist der Präsident, der die Richtlinien der Innen- und Außenpolitik bestimmt."

Laut einer im vergangenen Monat veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum gehen zwei Drittel der Russen davon aus, dass Putin als Regierungschef Medwedew kontrollieren wird. Putin durfte nach zwei Amtszeiten nicht noch einmal für das Präsidentenamt kandidieren. Nach einer Zeit mit Medwedew an der Spitze des Staates wäre dies wieder möglich.