WASHINGTON/ERBIL. US-Vizepräsident Dick Cheney hat gestern überraschend Station im Irak gemacht. Der nicht angekündigte Besuch dürfte Ausdruck der wachsenden Unzufriedenheit der USA mit der Regierung von Iraks Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki sein. Der schiitisch dominierten Regierung ist es bislang nicht gelungen, sich auf eine Teilung der Macht mit Sunniten und Kurden zu einigen. Die USA halten eine Regierungsbeteiligung der Sunniten aber für unabdingbar.

Von US-Befehlshaber David Petraeus ließ sich Cheney aus erster Hand über die Lage im Irak informieren. Auch mit Ministerpräsident al-Maliki traf er zusammen. Beide räumten nach der Unterredung ein, dass es nach wie vor Probleme bei der Bekämpfung der Gewalt gebe. Die Regierungen in Bagdad und Washington würden aber weiter gemeinsam an einer Lösung arbeiten.

Weitere Stationen von Chenys Reise sind die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien.

Das Tauziehen zwischen US-Präsident George W. Bush und den Demokraten im Kongress um die Irak-Politik geht derweil weiter. Bushs Sprecher Tony Snow kündigte ein weiteres Veto des Präsidenten gegen den neuen Entwurf der Demokraten für die Finanzierung des Militäreinsatzes an. Die Neufassung des Kriegsbudgets enthalte unannehmbare Einschränkungen bei der Bewilligung der Mittel, sagte Snow an Bord des Präsidentenflugzeugs "Air Force One", mit dem Bush in das Tornado-Katastrophengebiet in Kansas reiste. Die Demokraten hatten am Vortag einen Entwurf vorgelegt, der die Finanzierung für nur drei Monate sicherstellen soll.

Erstmals seit mehr als drei Jahren ist die nordirakische Stadt Erbil gestern wieder von einem schweren Anschlag erschüttert worden. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich vor dem Innenministerium der autonomen Region Kurdistan mit einem Lastwagen in die Luft und riss mindestens 14 Menschen mit in den Tod. Dutzende Menschen wurden verletzt. Ein Sprecher des Gouverneurs erklärte, Ziel des Anschlags sei das Innenministerium gewesen.

Die USA warfen unterdessen dem Iran vor, sunnitische Aufständische im Irak in ihrem Kampf gegen die US-Streitkräfte zu unterstützen. Der Sprecher der US-Truppen, Generalmajor William Caldwell, berief sich auf "glaubwürdige" Geheimdienstinformationen.