Verfassungsentwurf: Frist zur Annahme lief um Mitternacht ab

BAGDAD. Nach wochenlangen zähen Verhandlungen haben sich im Irak zumindest die Schiiten und die Kurden auf einen Entwurf für die künftige Verfassung des Landes geeinigt. Der Entwurf solle mit oder ohne Einverständnis der sunnitischen Vertreter im Verfassungsausschuß dem Parlament vorgelegt werden, sagte der Leiter der schiitischen Delegation, Dschawad al-Maliki, gestern in Bagdad wenige Stunden vor Ablauf der Frist um Mitternacht.

Bis zuletzt bestimmten Streitigkeiten über den Föderalismus, die Ölreserven und die Rolle des Islam die Verhandlungen.

Der irakische Regierungssprecher Leith Kubba sagte, die Sunniten, die unter Saddam Hussein die Macht im Irak innehatten, hätten dem Entwurf noch nicht zugestimmt. Zwar können die Schiiten und die Kurden mit ihrer Mehrheit im Parlament die Verfassung verabschieden, doch könnten die Sunniten diese bei der für den 15. Oktober geplanten Volksabstimmung zu Fall bringen. Schiiten-Vertreter Maliki sagte, es werde weiter versucht, die Sunniten von dem Entwurf zu überzeugen. Einige lehnten nach wie vor eine föderale Struktur für den Irak ab.

Zur umstrittenen Ölfrage heißt es laut Maliki in dem Entwurf, daß die natürlichen Reichtümer des Landes "der Gesamtheit des irakischen Volkes gehören". Ihre Aufteilung solle im Einvernehmen zwischen der Zentralregierung und den Regionen erfolgen. Der föderalen Struktur hätten Kurden und Schiiten zugestimmt, so Maliki. Der schiitische Unterhändler Dschalaleddin al-Saghir sagte, der Entwurf sichere den Kurden nicht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zum Islam heiße es darin, daß keine Gesetze verabschiedet werden dürften, die ihm zuwiderliefen. Diese Formulierung gelte auch für die Menschenrechte.

Die sunnitischen Unterhändler widersetzen sich der geplanten föderalen Struktur, weil sie um die Profite aus dem Ölgeschäft fürchten. Die meisten Ölvorkommen befinden sich im kurdischen Norden und im schiitischen Süden des Landes.

Die USA setzten die kurdische Seite unter Druck, sie solle bei ihrer Forderung nach Selbstbestimmung, Ölrechten und einer säkular geprägten Verfassung Abstriche machen. Der weitere Zeitplan sieht für Oktober ein Verfassungsreferendum sowie für Dezember die Wahl des neuen Parlaments vor.