Für den neuen Außenminister Israels, Lieberman, führen Zugeständnisse nur zum Krieg. Die EU will jetzt “Klartext“ reden.

Hamburg/Jerusalem/Brüssel. Der Start der neuen israelischen Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sah genau so aus, wie Kritiker dies befürchtet hatten. Kaum war das Kabinett vereidigt, erklärte der neue Außenminister Avigdor Lieberman, er sei gegen die Friedensverhandlungen, die seine Vorgängerin Zipi Livni geführt hatte. Denn Zugeständnisse könnten zum Krieg führen.

Livni unterbrach wütend die Rede Liebermans. Doch der setzte gleich nach und meinte, die Vereinbarungen von Annapolis hätten "keine Gültigkeit" für die israelische Regierung. Sie fühle sich nicht an die Beschlüsse der Konferenz im amerikanischen Annapolis gebunden, die 2007 das Ziel eines palästinensischen Staates formulierten. "Zwei Staaten für zwei Völker" hatte Netanjahus Amtsvorgänger Ehud Olmert damals gesagt. Und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte bereits davon geträumt, dass "nun das jahrzehntelange Leiden des palästinensischen Volkes ein Ende haben könnte".

Danach sieht es derzeit nicht aus. Schon Netanjahu selber gilt als Hardliner gegenüber den Arabern - und sein Koalitionspartner Lieberman, ein aus Moldawien stammender früherer Türsteher, gilt selbst vielen Israelis als Rassist. Abbas warnte gestern, Liebermans Position gefährde die Sicherheit in der Region. Die Äußerungen des Ultranationalisten könnten Israels Regierung auch auf Kollisionskurs mit US-Präsident Barack Obama bringen.

Entsprechend besorgt sind die Europäer, die als Teil des Nahost-Quartetts aus EU, Uno, Russland und den USA in den Friedensprozess eingebunden sind. Der Sondergesandte des Quartetts, Tony Blair, forderte von Netanjahu umgehend ein Bekenntnis zu einem eigenen Palästinenserstaat. "Es gibt keine Alternative zu einer Zweistaaten-Lösung", sagte der frühere britische Premier und richtete eine Warnung Richtung Jerusalem: Wenn es 2009 keine Fortschritte gebe, sei der Friedensprozess "in großer Gefahr". Die Palästinenser müssten "auf angemessene und würdige Weise ihr Territorium lenken dürfen". Blairs Gesprächspartnerin in Brüssel, EU-Außenkommissarin Benito Ferrero-Waldner, kündigte an, mit der neuen Regierung in Jerusalem "Klartext" reden zu wollen und meinte bezüglich der Zusagen Israels: "Ich bin ziemlich enttäuscht, dass fast nichts respektiert wurde."

Auch die Bundesregierung in Berlin erklärte, die Zweistaaten-Lösung sei ohne Alternative. Wohl nicht ohne Hintergedanken schrieb Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Glückwunschschreiben an Netanjahu, sie hoffe, es werde ihm gelingen, "entscheidende Fortschritte auf dem Weg zu einer Zweistaaten-Lösung und damit zu einem umfassenden, dauerhaften und gerechten Frieden" zu erreichen.