Die amerikanischen Finanzmärkte stehen vor einschneidenden Veränderungen. Finanzminister Timothy Geithner stellte gestern im Kongress ein umfassendes Reformpaket vor, das schärfere Regeln vorsieht.

Hamburg/Washington. Die amerikanischen Finanzmärkte stehen vor einschneidenden Veränderungen. Finanzminister Timothy Geithner stellte gestern im Kongress ein umfassendes Reformpaket vor, das schärfere Regeln vorsieht: Derivate sollen erstmals einer Regulierung unterworfen werden, Hedgefonds und Finanzinvestoren werden der Börsenaufsicht (SEC) unterstellt. Der Kongress muss dem Programm noch zustimmen. Es wird erwartet, dass Präsident Barack Obama in einer Woche auch beim G20-Finanzgipfel in London die Neuordnung der US-Finanzwelt vorstellen will.

Für Geithner stand gestern fest: Das bisherige System der Finanzmärkte habe grundlegende Fehler und sei verantwortlich für die schwerste globale Finanzkrise seit Generationen. "Eine umfassende Reform ist erforderlich, um darauf zu reagieren - keine bescheidenen Reparaturen an den Rändern, sondern neue Spielregeln", sagte Geithner im Ausschuss für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses.

Die Pläne des Finanzministers sehen vor, dass Hedgefonds, Private-Equity-Fonds und Risikokapitalfonds künftig bei der Börsenaufsicht angemeldet werden müssen, wenn ihr Anlagevolumen eine bestimmte, noch festzulegende Größe übersteigt. Die Finanzmarktakteure müssen demnach bald ihre Bücher den Regulierern offenlegen. Noch arbeiten Hedgefonds bisher meist ohne jegliche Regierungsaufsicht.

Geithners systemverändernden Vorschläge fielen zusammen mit weiteren düsteren Nachrichten über die amerikanische Wirtschaft. Die Gewinne der US-Unternehmen brachen im vierten Quartal um 120 Milliarden Dollar (rund 89 Milliarden Euro) ein, wie das Handelsministerium mitteilte. Dadurch schrumpfte auch die Wirtschaftsleistung so stark wie seit Anfang 1982 nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt sank von Oktober bis Dezember mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 6,3 Prozent.

Unterdessen können die ums Überleben kämpfenden US-Autobauer General Motors (GM) und Chrysler offenbar Hoffnung schöpfen. Einem Zeitungsbericht zufolge können sie mit weiteren Staatshilfen in Milliardenhöhe rechnen. Aussagen der von Präsident Obama eingesetzten Auto-Kommission (Task Force) deuteten darauf hin, dass die Regierung die Konzerne nicht in die Pleite fahren lassen wolle, berichtet das "Wall Street Journal". Für eine Entscheidung der Regierung müssen die Opel-Mutter GM und Chrysler bis nächsten Dienstag ihr Sanierungskonzept vorlegen. Die Autobauer fordern zusammen mit schon erhaltenen Krediten insgesamt 39 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro) an Hilfen.

Auch die deutsche Regierung hat ihre Unterstützung für Opel vom Rettungskonzept für GM abhängig gemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt einen Einstieg des Staates bei Opel nach wie vor ab. DGB-Chef Michael Sommer appellierte gestern an die Kanzlerin, die Opel-Mitarbeiter nicht im Stich zu lassen. Bei ihrem Besuch im Stammwerk Rüsselsheim in der kommenden Woche sollte Merkel klarstellen, "dass die Bundesregierung alles unternehmen wird, um die Arbeitsplätze zur retten - und dass sie dafür keine Option ausschließt", sagte Sommer.