Ein russischer Menschenrechtsanwalt und eine junge Journalistin sind am Montag auf offener Straße in Moskau erschossen worden. Stanislaw Markelow wurde nach einer Pressekonferenz umgebracht, wie die Behörden mitteilten.

Die Reporterin Anastasia Baburowa erlitt bei dem Mordanschlag tödliche Verletzungen. Markelow hatte unter anderem die ermordete regierungskritische Journalistin Anna Politkowskaja vertreten und wollte gegen die vorzeitige Freilassung eines Oberst vorgehen, der wegen Mordes an einer Tschetschenin in Haft saß. Markelow wurde aus nächster Nähe in den Hinterkopf geschossen, wie die Nachrichtenagentur RIA-Nowosti berichtete. Der vermummte Täter habe einen Schalldämpfer benutzt, ein deutliches Anzeichen dafür, dass die Tat geplant gewesen sei. Der Polizei zufolge beobachteten den Anschlag mehrere Zeugen.

Der Menschenrechtler gab nach Angaben der Staatsanwaltschaft in der Moskauer Innenstadt eine Pressekonferenz, rund einen Kilometer vom Kreml entfernt. Der 34-Jährige kündigte an, gegen die Freilassung von Oberst Juri Budanow vergangene Woche bei einem internationalen Gericht Rechtsmittel einzulegen. Budanow war 2003 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er im Jahr 2000 eine 18-jährige Tschetschenin getötet hatte. Sein Fall gilt bei Menschenrechtlern als Test dafür, wie die russischen Behörden mit dem Vorwurf von Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien umgehen.

Baburowa, eine freie Mitarbeiterin der Zeitung "Nowaja Gaseta", für die auch Politkowskaja gearbeitet hatte, versuchte nach Angaben des Blattes am Montag einzuschreiten, nachdem der Anwalt getroffen worden war. Sie wurde angeschossen und ins Krankenhaus gebracht, wo sie während einer Notoperation starb.

Nach eigenen Angaben in der U-Bahn überfallen

Markelow hatte vergeblich versucht, die russischen Behörden davon zu überzeugen, dass Politkowskaja von einem wegen Verbrechen in Tschetschenien verurteilten Polizisten bedroht worden sei. Er wurde nach eigenen Angaben im April 2004 in der Moskauer U-Bahn von fünf Männern überfallen und bewusstlos geschlagen. Die Angreifer hätten Unterlagen zum Fall Politkowskaja mitgenommen, die Polizei habe ihm jedoch keinen Glauben geschenkt, hatte der Jurist erklärt.

"Eine Schande für Russland"

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte den Mordanschlag auf Markelow ein schreckliches Verbrechen. Für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien sei der Anwalt "ein Held" gewesen, sagte Sprecherin Tatjana Lokschina. "Wenn jemand einen mutigen Journalisten gebraucht hat, dann hat er Politkowskaja angerufen, und wenn jemand einen mutigen Anwalt gebraucht hat, dann hat er Markelow angerufen", sagte der Kreml-Kritiker Lew Ponomarjow.

Nicola Duckworth von Amnesty International sagte, Markelow sei "mit großer Wahrscheinlich für seine professionelle und mutige Arbeit zur Verteidigung der Menschenrechte" getötet worden. Die prominente Menscherechtsaktivistin Ljudmilla Alexejewa nannte den Anschlag laut Interfax "eine Schande für Russland".