Kairo. Sechzehn Monate nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak haben die Ägypter in einer Stichwahl über dessen Nachfolger abgestimmt. Erste Trends werden für heute, das Endergebnis am Donnerstag erwartet. In der von Zukunftsangst überschatteten Wahl traten der ehemalige Ministerpräsident Ahmed Schafik und der Kandidat der Muslimbruderschaft, Mohammed Mursi, gegeneinander an. Schafik gilt als Vertreter der alten Elite rund um Mubarak. Außerdem soll er dem Militärrat nahestehen. Der Ex-Luftwaffenoffizier hat versprochen, für Recht und Ordnung zu sorgen.

Mursi repräsentiert die gemäßigten Islamisten und versteht sich als Kämpfer gegen eine Rückkehr des alten Regimes. Zuletzt hatte er im Wahlkampf den Schwerpunkt auf die Wirtschaft gelegt und weniger radikale Ansichten geäußert.

Der Stichwahl ging eine dramatische Woche voraus. Das Verfassungsgericht löste wegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl das frei gewählte, von Islamisten dominierte Parlament auf. Damit liegen die legislativen Befugnisse nun beim Militärrat. Im Land spricht man bereits von einem "schleichenden Putsch". "Der nächste Präsident, egal ob Mursi oder Schafik, wird an die Macht kommen, ohne dass es staatlichen Institutionen gäbe", meinte Saad Hagras, der Herausgeber der Tageszeitung "al-Alam al-Youm". "Es gibt kein Parlament, keine Verfassung. Die einzigen existierenden staatlichen Institutionen sind das Militär, die Polizei und die Justiz."