Der französische Präsident François Hollande könnte bei den Parlamentswahlen am Sonntag fast unbeschränkte Macht bekommen.

Paris. Die regierenden Sozialisten von Frankreichs Präsident François Hollande dürfen bei den Parlamentswahlen am Sonntag auf eine absolute Mehrheit hoffen: Nach einer aktuellen Umfrage des Ipsos-Institutes können die Sozialisten zwischen 324 und 364 Sitze erreichen. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 der 577 Abgeordneten. Die konservative UMP des ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy kommt auf 210 bis 250 Sitze. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte können die Sozialisten auf eine Mehrheit in beiden Abgeordnetenkammern unter einem sozialistischen Präsidenten hoffen. So könnte Hollande sein linkes Wahlprogramm wie eine Lohnobergrenze, einen höheren Mindestlohn und eine teilweise Rente mit 60 Jahren ohne Abstriche durchsetzen.

Noch bis zum späten Freitagabend konnten die französischen Parteien für sich werben: Ab Mitternacht herrschte dann Wahlkampfverbot für die letzte Runde der Parlamentswahlen. 46 Millionen Franzosen sind dazu aufgerufen, ihre Abgeordneten in der Nationalversammlung zu bestimmen. In dieser zweiten Runde reicht den verbliebenen Kandidaten eine einfache Mehrheit, um einen der 577 Sitze zu erlangen. Sollten die Sozialisten die absolute Mehrheit verfehlen, können sie sich auf ein Bündnis mit den Grünen stützen. Ihnen werden 14 bis 20 Sitze prognostiziert.

+++ Hollande will bei Parlamentswahl Macht absichern +++

Vor allem drei lokale Personalentscheidungen sind auch national bedeutsam: Die rechtsextreme Front National hat in der ersten Runde der Parlamentswahlen ihr historisch zweitbestes Ergebnis erzielt. Parteichefin Marine Le Pen kam in ihrem nordfranzösischen Wahlkreis Hénin-Beaumont auf mehr als vierzig Prozent der Stimmen. Nun wird sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen gegen den verbliebenen Kandidaten der Sozialisten, Philippe Kemel, liefern. Ihre Nichte Marion Maréchal Le Pen hat im Department Vaucluse gute Chancen auf einen Abgeordnetensitz. Sozialisten und die konservative UMP konnten sich nicht darauf einigen, gemeinsame Kandidaten gegen die Bewerber der Front National aufzustellen. Die Partei könnte zum ersten Mal seit 1988 wieder in die Nationalversammlung einziehen.

Die tragische Figur dieser Parlamentswahlen ist die frühere sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal. Die ehemalige Lebensgefährtin von Präsident François Hollande muss sich in ihrem Wahlkreis La Rochelle bei der Wahl am Sonntag gegen den parteiinternen Gegner Olivier Falorni durchsetzen. Ausgerechnet die Partnerin von Hollande, Valérie Trierweiler, lobte in der vergangenen Woche im Kurznachrichtendienst Twitter öffentlich Royals Konkurrenten. Hollande hingegen unterstützt offiziell seine Ex-Freundin. Er hatte Royal, mit der er vier Kinder hat, zudem als Parlamentspräsidentin vorgesehen. Ohne eine Abgeordnetensitz wäre Royals politische Karriere erst einmal beendet.