Zum Syrienkonflikt äußert sich der Kremlchef noch nicht einmal

St. Petersburg. Kein Durchbruch an der Ostsee: Bei ihrem Gipfel in St. Petersburg haben sich Russland und die EU nicht auf eine gemeinsame Position zum Syrienkonflikt geeinigt. Beide Seiten hätten weiter unterschiedliche Ansichten, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy gestern nach einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin. Die EU-Spitze hatte es nicht geschafft, ihn zu einem härteren Kurs gegen Damaskus zu bewegen.

Zuvor hatte EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton versucht, den Kremlchef in die Pflicht zu nehmen. Der habe eine "Schlüsselrolle", damit der Waffenstillstandsplan des Uno-Sondergesandten Kofi Annan umgesetzt werden könne. Bei der Pressekonferenz äußerte Putin sich gar nicht zum Thema Syrien. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax beklagte er am Rande des Gipfels aber eine "einseitige" Position der Europäer.

Auch in anderen Konflikten mit der EU brachte das Treffen keine nennenswerten Fortschritte. Putin drängte die Europäer, ihren Streit über den Weg aus der Schuldenkrise zu beenden. "Werden sie eine gemeinsame Position finden?", fragte er. Russland hat 40 Prozent seiner Währungsreserven in Euro, der Rubel-Kurs war wegen der Euro-Krise in den vergangenen Tagen um sechs Prozent abgestürzt. "Wenn sich eine Rezession in Europa festsetzt, dann sind unsere Exporte direkt betroffen", klagte der Präsident.

Und auch im Dauerstreit mit Brüssel über Visaerleichterungen für Russlands Bürger legte der Kremlchef nach. Die Reisebeschränkungen zwischen EU und Russland seien Hindernisse "für die Menschen und für die Wirtschaft", sagte Putin. Der Ball sei nun im Feld der Europäer. Es gehe ja nicht darum, Kriminelle nach Europa zu schicken, sondern um Geschäftsleute, Journalisten und Touristen.

Auch eine weitere Großbaustelle, ein neues umfassendes Russland-EU-Abkommen, das Erleichterungen für Handel, Wirtschaft und Energie umfasst, blieb gestern noch weitgehend unbearbeitet. Putin warf der EU vor, noch über die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) hinausgehende Zollerleichterungen von Moskau zu fordern. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wies das auf der gemeinsamen Pressekonferenz zurück. Der EU gehe es vielmehr um den Abbau bürokratischer Hürden, die die Geschäfte behinderten, sagte er.

Van Rompuy mahnte mit deutlichen Worten eine Stärkung der Zivilgesellschaft in Russland an. "Menschenrechte sind unsere direkte Sorge", sagte der EU-Ratspräsident.

Heute will die Staatsduma in Moskau höhere Strafen für Verstöße bei Demonstrationen festlegen. In den vergangenen Monaten waren in Russland wiederholt Zehntausende Regierungsgegner auf die Straße gegangen.