Konservative warnen vor Rauswurf aus dem Euro-Raum

Athen/Madrid. Zwei Wochen vor der für Griechenlands Zukunft in Europa wichtigen Parlamentswahl ist die Favoritenrolle noch unbesetzt. Die letzten Umfragen, die vor der Abstimmung veröffentlicht werden durften, boten ein uneinheitliches Bild. Sie ließen keinen verlässlichen Rückschluss darüber zu, ob am Ende Befürworter oder Gegner des umstrittenen Sparkurses die Nase vorn haben dürften. Die meisten Erhebungen sehen die konservative Neue Demokratie knapp in Führung, die sich an die Auflagen der internationalen Geldgeber im Zusammenhang mit dem Rettungspaket halten will. Doch ein Institut stellte dem radikalen Linksbündnis Syriza unter dem entschiedenen Sparkursgegner Alexis Tsipras einen Vorsprung von sechs Prozentpunkten in Aussicht.

Wer auch immer gewinnt, hat einen strategisch enorm wichtigen Vorteil, denn nach dem griechischen Wahlgesetz erhält der Erstplatzierte automatisch 50 Bonus-Sitze im Parlament. Bei einem knappen Ausgang dürfte das für mögliche Koalitionsmehrheiten entscheidend sein.

Bei der Wahl am 6. Mai gab es ein Patt, eine Regierungsbildung scheiterte. Daher kommt es am 17. Juni zu einer Neuwahl. Die Finanzmärkte hatten zuletzt höchst sensibel auf die Erhebungen reagiert. Sollten die Spargegner siegen, droht dem schuldengeplagten Land der Stopp der mit Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds vereinbarten Finanzhilfen und damit die Staatspleite. Auch ein Verbleib in der Euro-Zone wäre fraglich.

"Diejenigen, die das Rettungspaket ablehnen, sind wie kleine Kinder, die mit Streichhölzern in einer Schwarzpulver-Lagerhalle spielen", warnte der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, vor seinen Anhängern. "Eine einseitige Aufkündigung des Abkommens bedeutet, dass wir die Euro-Zone verlassen müssen." Die Konservativen wollen - möglicherweise mit Unterstützung der Sozialisten - den Sparkurs fortsetzen. Allerdings sprach Samaras sich dafür aus, neue Verhandlungen mit der EU zu führen. Griechenland drohe in einen unkontrollierbaren Albtraum zu fallen, wenn es sich von dem 130 Milliarden Euro schweren Rettungspaket mit seinen Auflagen abwenden sollte.

Genau das aber hat Tsipras im Falle eines Wahlsiegs angekündigt. Am Freitag bekräftigte er, zentrale Punkte des Abkommens kippen zu wollen. Er werde die Privatisierung strategisch wichtiger Staatsunternehmen einfrieren, Gehälter und Pensionen nicht weiter kürzen und die Mehrwertsteuer schrittweise senken. Außerdem müsse Griechenland einsehen, dass es frühestens in zehn Jahren wieder an die Kapitalmärkte zurückkehren könne, um sich dort frisches Geld zu besorgen.

Gleichzeitig betonte Tsipras aber auch, am Euro festhalten zu wollen. "Es besteht keine Gefahr, dass wir die Euro-Zone verlassen", sagte er in einem Interview mit dem Internetportal enikos.gr. "Wir müssen das Rettungspaket, das uns in eine Katastrophe geführt hat, streichen. Wir werden es mit einem nationalen Plan zur Wiederbelebung der Wirtschaft ersetzen."

Derweil steht auch Spaniens Regierung in der Finanzkrise mit dem Rücken zur Wand. Die Zinsaufschläge für spanische Staatsanleihen steigen auf immer neue Rekordwerte, die Finanzierung der Schulden wird von Tag zu Tag teurer, die Gefahr eines Staatsbankrotts wächst. Die Regierung schließt es völlig aus, Hilfen aus dem EU-Rettungsfonds zu beantragen. Wirtschaftsminister Luis de Guindos betonte aber, die Staatsfinanzen seien gesichert. Bis zum Jahresende müsse der Staat neue Anleihen in Höhe von nur drei Milliarden Euro aufnehmen. Er verschwieg allerdings, dass Schulden aus der Vergangenheit fällig werden. Madrid hofft darauf, dass die Lage sich nach den Wahlen in Griechenland europaweit entspannt und das Zinsniveau dann wieder sinkt.