Die Konservativen wollen mit den Sozialisten koalieren. Die Demokratische Linke will aber nicht ohne die Linksradikalen. Was nun?

Athen/London/Frankfurt. Wie geht es weiter nach den geplatzten Sondierungen in Griechenland? Die Zeichen stehen zumindest auf Neuwahlen. Nach Gesprächen am Freitag erteilte der Parteivorsitzende der Demokratischen Linken (Dimar), Fotis Kouvelis, einer Koalition mit der sozialistischen PASOK und der konservativen Neuen Demokratie (ND) eine Absage. „Wir haben unsere Haltung klar gemacht. An einer Regierung mit (nur) Neuer Demokratie und PASOK werden wir uns nicht beteiligen“, sagte Kouvelis. Unterdessen warnt die Ratingagentur Fitch für den Fall eines Euro-Austritts Griechenlands vor Konsequenzen für die Bewertung aller Euro-Staaten. Unsichere Perspektiven belasten die Währung.

+++Demokratische Linke will keine Koalition mit PASOK und ND+++

+++Parteien in Athen zu Koalition bereit+++

Er könne sich keiner Regierung anschließen, zu der nicht auch die zweitstärkste Partei Syriza gehöre, sagte Dimar-Chef Kouvelis. „Ohne Syriza kann keine Regierung gebildet werden, die den politischen Willen der Öffentlichkeit wiedergibt.“ Mit ihren 19 Abgeordneten galt die Demokratische Linke als potenzieller Königsmacher in Athen. Bei der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag waren PASOK und ND für ihre Zustimmung zu den Rettungspaketen für Athen und dem damit verbundenen Sparprogramm abgestraft worden. Parteien am linken und rechten Rand des politischen Spektrums konnten davon profitieren. Der Vorsitzende der Linkspartei Syriza, Alexis Tsipras, hatte zuvor die Koalitionsverhandlungen platzen lassen und deutlich gemacht, dass er eine Fortsetzung des harten Sparkurses nicht akzeptieren werde. „Aus den Reaktionen lässt sich schließen, dass Syriza Neuwahlen will“, sagte Kouvelis.

Sollten sich die griechischen Parteien in den kommenden Tagen auf keine Koalition einigen, werden wohl für Mitte Juni Neuwahlen angesetzt. Darauf könnte Syriza-Vorsitzender Tsipras spekulieren. Laut jüngsten Umfragen würde seine Partei von einem neuerlichen Urnengang profitieren. Demnach ginge Syriza mit fast 28 Prozent der Stimmen als Sieger aus der Wahl hervor. PASOK-Vorsitzender Evangelos Venizelos und ND-Chef Antonis Samaras warnten, Tsipras' Forderung nach einem Ende des Sparprogramms würde Griechenland aus der europäischen Währungsunion drängen.

Die letzte Hoffnung ruht nun auf dem Staatspräsidenten Karolos Papoulias. Nach einem möglichen Scheitern aller Sondierungsgespräche wird er – spätestens am Montag – eine Sitzung aller Parteivorsitzenden einberufen. Dann muss der ehemalige Außenminister sein ganzes diplomatisches Können und Geschick entfalten, um die griechischen Spitzenpolitiker zu einer Lösung zu bewegen.Papoulias hat noch ein spezielles Problem: Der 82-Jährige war als kleiner Junge dem Widerstand während des Zweiten Weltkrieges beigetreten. Zuzeiten der griechischen Obristenjunta (1967-1974) war er im Exil und kämpfte gegen den Faschismus. Nun muss er, so schreibt es die Verfassung vor, beim Treffen mit allen Parteiführern auch den Chef der faschistisch-rassistischen Goldenen Morgenröte, Nikos Michaloliakos, empfangen.

+++Neuer Anlauf in Athen – Radikale Linke soll Regierung bilden+++

Seine juristischen Berater suchen nach einem Ausweg, damit es nicht dazu kommt. Einige raten dazu, dass Papoulias die Parteichefs getrennt spricht und – bei einer möglichen Einigung – nur die kooperationsbereiten unter ihnen zur gemeinsamen Sitzung ruft. Somit bräuchte er Michaloliakos nicht vor laufenden Kameras empfangen. Andere Berater plädieren dafür, dass er die Verfassung einfach ignoriert und den Faschisten gar nicht erst einlädt.

Bundesregierung: "Wir bemühen uns mit aller Kraft"

Nachdem Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für Irritationen gesorgt hatten, bekräftigte die Bundesregierung am Freitag ihre Auffassung, dass Griechenland den Euro als Währung behalten soll. „Wir bemühen uns mit aller Kraft, Griechenland in der Euro-Zone zu halten“, sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus. Diesem Ziel hätten „alle Aktionen in den letzten zwei Jahren“ gedient. EU-Währungskommissar Olli Rehn erklärte, Athen müsse seine Wirtschaft reformieren. „Griechenland hat für ein Jahrzehnt über seine Verhältnisse gelebt. Das ist einfach nicht nachhaltig und deshalb muss Griechenland entschlossen handeln, um seine Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen und die öffentlichen Haushalte in Ordnung zu bringen“, sagte Rehn.

Die Ratingagentur Fitch hat unterdessen für den Fall eines Euro-Austritts des maroden Staates vor Konsequenzen für die Bewertung aller Euro-Staaten gewarnt. Sollte das südosteuropäische Land die Währungsgemeinschaft verlassen, könnten alle Staaten mit „watch negative“ versehen werden - damit droht eine Herabstufung. Die Bonitätswächter erklärten am Freitag, in einem solchen Fall seien Ratings von Ländern, die bereits mit einem negativen Ausblick versehen seien, besonders gefährdet. Dies beträfe Zypern, Frankreich, Irland, Italien, Portugal, Spanien, Slowenien und Belgien.

Die unsicheren Perspektiven für die Eurozone haben die Gemeinschaftswährung zum Wochenschluss weiter belastet. Der Euro fiel am Freitag bis auf 1,2903 Dollar und hat damit im Zuge seiner zweiwöchigen Talfahrt gut drei US-Cent an Wert verloren. „Investoren gewöhnen sich an die Idee von Neuwahlen“, sagte Währungsstratege Derek Halpenny von der Bank Tokyo-Mitsubishi. „Aber unter dem Strich sind wir jetzt in einer viel schlechteren Position als vor den griechischen Wahlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland zum Ende des Jahres nicht mehr im Euro ist, ist beträchtlich gestiegen.“

Mit Material von dpa/dapd/rtr