Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs debattiert Ende Mai über Sparkurs und Wachstum

Brüssel. Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs werden am 23. Mai bei einem Sondergipfeltreffen in Brüssel über mehr Wachstum in Europa debattieren. Bei dem "informellen Abendessen" wird der neue französische Staatspräsident François Hollande erstmals auf alle anderen 26 Staatenlenker treffen. Bei dem Sondergipfel wollen die Staats- und Regierungschefs den regulären EU-Gipfel am 28. und 29. Juni vorbereiten, bei dem es ebenfalls um das Wachstum gehen wird.

Der Sozialist Hollande will den bereits fest vereinbarten Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin um ein Wachstumspaket ergänzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Partner lehnen eine Neuverhandlung des Pakts jedoch strikt ab.

Hollande werde in den kommenden Tagen ein Memorandum zur Wachstumsförderung an seine europäischen Partner schicken, Frankreich werde den Fiskalpakt "in dem Zustand, in dem er sich befindet", nicht ratifizieren, bekräftigte Hollandes Sprecher Pierre Moscovici gestern im Radiosender RTL. Der künftige Präsident wolle Europa "in Richtung auf mehr Wachstum umorientieren". Der Fiskalpakt müsse "vervollständigt" werden. "Ich bin aber dennoch zuversichtlich, einen Kompromiss mit Deutschland finden zu können", sagte der frühere Europaminister Moscovici. Die Regierungschefs, mit denen Hollande seit seiner Wahl telefoniert habe, hätten sich alle für mehr Wachstum ausgesprochen.

Die EU-Kommission warnte gestern ebenso wie die Bundesregierung vor einer Abkehr von der Sparpolitik in Europa. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sprachen sich dagegen aus, höhere Schulden zu machen, um die Konjunktur anzukurbeln. Ein weiterer Vertrauensverlust an den Finanzmärkten und steigende Zinsen auf Staatsanleihen wären die Folge, sagte Barroso in Brüssel. Die Haushaltskonsolidierung sei unumgänglich, zugleich seien Strukturreformen nötig. "Es gibt kein Entweder-oder. Wir brauchen Stabilität und Wachstum", sagte Barroso.

Auch EU-Währungskommissar Olli Rehn betonte, man könne nicht die Sanierung der Staatshaushalte und Wachstum gegeneinander ausspielen. "Wir müssen beides verfolgen", sagte der Finne. Die Sparmaßnahmen müssten "in wachstumsfreundlicher und differenzierter Weise" getroffen werden, sagte er. Der Fiskalpakt erlaube "Abstufungen zwischen den Mitgliedstaaten gemäß ihren Haushaltsspielräumen und makroökonomischen Umständen".

Die Euro-Zone mit 17 Ländern steckt in einer leichten Rezession. Rehns Experten rechnen damit, dass die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsgebiet im laufenden Jahr um 0,3 Prozent schrumpft. Rehn will am Freitag neue Zahlen vorlegen.