Wladimir Putin zieht als russischer Präsident in den Kreml ein - zum dritten Mal

Moskau. Er kennt die Zeremonie ja bereits: die Kanonenschüsse, die Soldaten trugen dann die Ehrenstandarte und die Insignien der Macht in den Großen Kremlpalast. Der Festakt mit rund 3000 Gästen im Prunksaal wurde live von gleich sechs TV-Kanälen übertragen. Zum dritten Mal hat Wladimir Putin gestern den Amtseid des russischen Präsidenten abgelegt. Putin bekannte sich in seiner Rede auch zur Demokratie - doch vor den Toren des Kremls standen Tausende Polizisten einigen Hundert Demonstranten gegenüber und hinderten sie am Protest gegen die Amtseinführung von Putin.

Putins Version seines demokratischen Russlands klingt so: "Wir wollen und werden in einem demokratischen Land leben, das jedem Chancen und Freiheiten bietet", sagte er bei der Amtseinführung. "Wir wollen und werden in einem erfolgreichen Russland leben, das von der Welt als verlässlicher, offener, ehrlicher und berechenbarer Partner respektiert wird."

Seit dem Jahr 2000 regiert Putin in Russland - zunächst als Präsident und dann während der vergangenen vier Jahre als Ministerpräsident. Dank einer Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten auf sechs Jahre wird er nun bis 2018 im Kreml bleiben und kann dann erneut kandidieren. Viele Bürger, vor allem die gebildete Mittelschicht, aber auch Künstler und Intellektuelle, sehen Russlands Rechtsstaat durch Putin missbraucht, die Demokratie durch die vielen Jahre seiner Herrschaft ausgehöhlt. Putins "gelenkte Demokratie" - er selbst hat diesen Begriff geprägt.

Doch bereits gegen die offenkundigen Manipulationen bei der Parlamentswahl im Dezember formierte sich die größte Protestbewegung seit dem Ende der Sowjetunion vor 20 Jahren. Gestern und am Wochenende gingen erneut zahlreiche Menschen gegen Putin auf die Straßen Moskaus. Trotz beispielloser Sicherheitsvorkehrungen in der russischen Hauptstadt versuchten 1000 Anhänger der Opposition entlang der Route von Putins Konvoi zum Kreml zu protestieren. Viele trugen ein weißes Band, das Symbol der Anti-Putin-Proteste. Den auf mehrere Gruppen verteilten Demonstranten stand ein massives Polizeiaufgebot entgegen. Rund 120 Demonstranten wurden gestern von den Behörden festgenommen, darunter auch der Oppositionsführer Boris Nemzow. Bereits am Sonntag waren bei einem Protestmarsch gegen die bevorstehende Vereidigung in Moskau rund 400 Demonstranten festgenommen worden. Später kam es zu Zusammenstößen, als die Polizei Schlagstöcke gegen Demonstranten einsetzte, die eine abgesperrte Brücke zum Kreml überqueren wollten.

Die aktuelle Gewaltanwendung nach den meist friedlichen Massendemonstrationen im Winter lässt darauf schließen, dass Putin nun als Präsident wieder einen härteren Kurs einschlägt. Zwar war die Demonstration am Sonntag mit über 20 000 Teilnehmern nicht so groß wie die Kundgebungen im Winter, allerdings verdeutlicht die Teilnehmerzahl, dass sich der Protest gegen Putins Macht nicht in Luft aufgelöst hat. Putin und die russische Regierung würden darauf achten, die Mittelschicht nicht mit hartem Vorgehen gegen Demonstranten zu verprellen, sagt Hans-Henning Schröder, Russland-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, dem Hamburger Abendblatt. "Das kann sich die Machtelite nicht leisten."

Unter Putin ist die Wirtschaft dank Russlands Energiereichtum erstarkt. Er verlieh der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gedemütigten Supermacht auch ein neues Selbstbewusstsein. Allerdings schaffte Putin viele der demokratischen Errungenschaften ab und etablierte ein System, das keine Abweichler duldet.