Mit Tomari wird der letzte von 50 japanischen Reaktoren abgeschaltet. Damit ist die Halbinsel erstmals seit 42 Jahren ohne Atomstrom.

Tokio. Japan schaltet den letzten seiner 50 Atomreaktoren wegen Wartungsarbeiten ab. Damit ist das Land erstmals seit dem 4. Mai 1970 ohne Atomstrom . Am Sonnabend wurde mit dem Herunterfahren des Reaktors Tomari auf der Insel Hokkaido im Norden des Landes begonnen, wie der Betreiber Hokkaido Electric mitteilte.

Japan gehörte zeitweise zu den drei Ländern, die die Kernenergie am intensivsten nutzten. Wegen der Atomkatastrophe in Fukushima nach dem schweren Erdbeben und dem verheerenden Tsunami im vergangenen Jahr wuchs der Widerstand gegen diese Art der Energieerzeugung in der japanischen Öffentlichkeit allerdings deutlich an.

Pläne der Regierung, zumindest zwei stillgelegte Reaktoren wieder in Betrieb zu nehmen, fanden bislang nicht die nötige Zustimmung. In der Branche wird davon ausgegangen, dass es in Japan im Sommer zu Engpässen bei der Stromversorgung kommen könnte.

1970 waren die beiden einzigen damals existierenden Reaktoren ebenfalls wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet worden.

Tausende feiern Abschaltung des Reaktors

Die Abschaltung des Reaktors Tomari wurde in Tokio von Tausenden gefeiert. Sie zogen durch einen Park im Zentrum der Hauptstadt und schwenkten Transparente mit der Aufschrift "Nein zur Atomkraft“. Die Demonstranten erklärten, sie seien nicht besorgt wegen einer möglichen Stromknappheit, vor der die Regierung gewarnt hatte.

+++ Zwischenfall in Fukushima +++

"Heute ist ein historischer Tag“, sagte Masashi Ishikawa in einer Rede vor den etwa 5.500 Demonstranten in einem Park in Tokio. "Es gibt so viele Atomkraftwerke, aber nicht ein einziges wird heute in Betrieb sein, und das geschieht dank unserer Bemühungen.“ Einer von drei Reaktoren im Atomkraftwerk Tomari auf der Insel Hokkaido sollte gegen 23.00 Uhr (Ortszeit; 16.00 Uhr MESZ) für eine planmäßige Wartung vom Netz genommen sein.

Regierung will an Atomkraft festhalten

Die Aktivisten erklärten, es sei passend, dass der letzte Reaktor ausgerechnet am jährlichen Kindertag vom Netz genommen werde, schließlich gehe es ihnen um den Schutz der Kinder vor der Strahlung. Die Demonstranten hielten die karpfenförmigen Banner in die Höhe, die traditionell am Kindertag gezeigt werden. Sie sind inzwischen aber auch zu einem Symbol der Antiatomkraftbewegung geworden.

Seit der Atom- und Tsunamikatastrophe vom 11. März vergangenen Jahres wurde kein zu Wartungszwecken abgeschalteter Reaktor wieder hochgefahren. Die Regierung hat jedoch angekündigt, sie wolle die Reaktoren wieder ans Netz bringen, um Stromausfälle zu vermeiden. Allerdings müssen die Reaktoren nun neue Tests bestehen und benötigen die Zustimmung der örtlichen Bevölkerung. Die Demonstranten erklärten, das Land brauche die Atomkraft nicht, wie sich nun zeige. Vor den Naturkatastrophen bezog Japan ein Drittel seiner Elektrizität aus Atomkraft.

Mit Material von rtr und dapd