Brüssel/Charkow. Die EU-Kommission in Brüssel setzt ein Zeichen des Protests gegen die Haftbedingungen der ukrainischen Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko: Kommissionspräsident José Manuel Barroso und die anderen 26 Kommissare werden den Spielen der Fußball-EM in der Ukraine fernbleiben, teilte ein Kommissionssprecher in Brüssel mit. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schloss sich an.

Barroso habe den EU-Kommissaren erläutert, warum er nicht in die Ukraine reisen werde. In der Aussprache sei "deutlich geworden, dass dies eine Position ist, die alle angesichts der Behandlung von Frau Timoschenko teilen", sagte der Sprecher. Es handele sich um ein Signal, "dass man nicht zufrieden ist mit der Art und Weise, wie mit Julia Timoschenko umgegangen wird". In der Kommission sei unstrittig, "dass es nicht angemessen ist, sich ein Spiel in der Ukraine anzuschauen".

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sieht die ukrainische Regierung im Fall Timoschenko unter wachsendem Druck. "Mehr und mehr teilen auch andere europäische Länder unsere deutsche Sorge", sagte er am Rande eines Besuchs in Washington, "das sollte in der Ukraine auch gehört werden." Es könne keine Fortschritte beim Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine geben, solange die rechtsstaatliche Lage in dem Land nicht vorankomme.

Trotz heftiger Kritik aus Kiew erneuerte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Angebot, Timoschenko zur Behandlung nach Deutschland zu holen. Es sei wichtig, "alles dafür zu tun", dass Timoschenko "schnell die richtige Behandlung für ihre Erkrankung bekommt", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Regierungschef Wladimir Putin bot eine Behandlung Timoschenkos in Russland an.

Nach Angaben ihrer Tochter Jewgenija will Timoschenko ihren Hungerstreik fortsetzen. "Sie wird weiter die Nahrungsaufnahme verweigern, obwohl sich ihr gesundheitlicher Zustand sehr verschlechtert hat", sagte die Tochter vor der Strafanstalt, in der ihre Mutter einsitzt. Die Welt solle nicht aufhören, Druck auf die Regierung in Kiew auszuüben, habe ihre Mutter gesagt, so Jewgenija Timoschenko.