Osama bin Laden war Inspirationsquelle für muslimische Extremisten in der ganzen Welt. Vor einem Jahr starb der Gründer der Terrororganisation al-Qaida.

Die Anschläge vom 11. September 2001 erschütterten das Sicherheitsgefühl des mächtigsten Landes der Welt und setzten eine Kettenreaktion in Gang, die Amerika in Kriege in Afghanistan und Irak verstrickte. Gegen den weltweiten Dschihad wurde der weltweite Krieg gegen den Terror ausgerufen und die wohl größte Menschenjagd der Geschichte begann. Erst nach rund zehn Jahren stellten Soldaten einer US-Eliteeinheit den Gründer des Terrornetzwerks Al-Kaida, Osama bin Laden, in einem Versteck in der pakistanischen Garnisonsstadt Abbottabad und erschossen ihn.

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Mit seinem Geld und seinen Predigten inspirierte Bin Laden die Terroranschläge vom 11. September, die 2001 fast 3.000 Menschen in New York, Washington und Pennsylvania das Leben kosteten. Doch auch für zahlreiche weitere Taten wurde die von ihm gegründete Al-Kaida verantwortlich gemacht, darunter die Angriffe auf zwei US-Botschaften in Afrika 1998 und der Anschlag auf den US-Flugzeugträger „USS Cole“ im Jahr 2000.

Lange bevor Osama bin Laden zum meistgesuchten Mann der Welt wurde, schien ein anderer Lebensweg für ihn vorgezeichnet. Er wurde am 10. März 1957 als Sohn eines wohlhabenden Vaters in Saudi-Arabien geboren. Als Jugendlicher kam er in den 70er Jahren mit der fundamentalistischen Bewegung in Kontakt, die damals das Land erfasste.

Er studierte islamistische Schriften und hörte Predigten in Mekka. In den 80er Jahren schloss sich Bin Laden dem Krieg der Afghanen gegen die sowjetischen Besatzungstruppen an. Er galt als mutiger und entschlossener Kommandeur. Das Vermögen seiner Familie half ihm dabei, seinen Bekanntheitsgrad unter den Kämpfern der Mudschaheddin zu steigern.

Zu dieser Zeit deckten sich Bin Ladens Interessen noch mit denen Washingtons. Die USA unterstützten den Krieg gegen die Besatzungstruppen mit Geld und Waffen. Bei seiner Rückkehr nach Saudi-Arabien wurde er mit Lob und Spendengeldern überschüttetet, er war als Prediger in Moscheen gefragt. Schon bald ging er auf Konfrontationskurs zu seinen ehemaligen Unterstützern im Westen. „Wenn wir amerikanische Waren kaufen, sind wir Komplizen bei der Ermordung von Palästinensern“, sagte er in einer seiner Reden damals.

Ein wegweisender Moment im Leben von Osama bin Laden kam 1990, als amerikanische Truppen auf saudiarabischem Boden landeten, um von dort aus die irakischen Soldaten aus Kuwait zu vertreiben. Bin Laden versuchte vergeblich, die Regierung zu bewegen, nichtmuslimischen Soldaten keinen Zutritt zu gewähren. Er kritisierte das Königshaus und dessen enge Beziehungen zu Washington scharf. Dafür wurde ihm schließlich die Staatsbürgerschaft entzogen.

„Ich sah radikale Veränderungen in seiner Persönlichkeit, während er von einem ruhigen, friedlichen und sanftmütigen Mann, der Muslimen helfen wollte, zu einem Menschen wurde, der glaubte, er könne eine Armee aufstellen und kommandieren, um Kuwait zu befreien“, sagte der frühere saudiarabische Geheimdienstchef Prinz Turki Ende 2001 in einem Fernsehinterview.

Abdel Bari Atwan, Redakteur der in London erscheinenden arabischen Zeitung „Al-Quds al-Arabi“, erklärte, Bin Laden habe Millionen Menschen in der arabischen Welt aus dem Herzen gesprochen. Er habe sich als Alternative zu den arabischen Regimen präsentiert, die nicht in der Lage waren, die israelische Besetzung arabischen Bodens zu beenden und den Stolz der Menschen wiederherzustellen.

Den Tod hätten der Terrorchef und seine Anhänger nie gefürchtet. „Diese Männer sprachen über den Tod wie junge Männer darüber sprechen, in die Disco zu gehen“, erklärte Atwan weiter. „Sie haben diejenigen beneidet, die im Kampf gefallen sind, weil sie als Märtyrer für die göttliche Sache starben.“

Trotzdem tat Bin Laden alles, um am Leben zu bleiben. Nach seiner Ausweisung aus Saudi-Arabien suchte er zunächst im Sudan Zuflucht, danach ging es weiter nach Afghanistan. Dort übernahmen im September 1996 die Taliban die Macht, und Bin Laden sicherte sich mit Geld die Unterstützung der religiösen Miliz.

Seit dem 11. September 2001 war Osama bin Laden seinen Häschern stets einen Schritt voraus. Als das Regime der Taliban unter dem Druck der US-Bombardierungen fiel, floh er in die unzugänglichen Gebirgszüge zwischen Pakistan und Afghanistan. Immer wieder meldete er sich mit Video- und Audiobotschaften zu Wort, in denen er Amerika und später auch Deutschland, Großbritannien und Frankreich drohte.

Mehrfach schien seine Festnahme kurz bevor zu stehen, doch Bin Laden gelang immer wieder die Flucht. Er schwor wiederholt, er sei bereit, für seinen Kampf zu sterben, dafür, die Israelis aus Jerusalem und die Amerikaner aus Saudi-Arabien und dem Irak zu vertreiben. „Die Amerikaner können mich nicht lebend bekommen“, sagte er einem pakistanischen Journalisten kurz nach der US-Invasion in Afghanistan. „Ich kann ausgelöscht werden, aber nicht meine Mission.“

Nach Aussage eines früheren US-Regierungsvertreters wünschte sich Bin Laden die Ermordung von Präsident Barack Obama und General David Petraeus. Er glaube aber nicht, dass dies bin Ladens oberste Priorität gewesen sei, sagte der frühere Direktor des Nationalen Zentrums für Terrorabwehr in den USA, Michael Leiter, dem Fernsehsender NBC. Eher habe der Terroristenführer von einem Anschlag im Stile der Angriffe vom 11. September 2001 geträumt, vermutete er. Leiter war vor einem Jahr im Weißen Haus zugegen, als Obama, Vizepräsident Joe Biden und Außenministerin Hillary Clinton an einem Bildschirm die Tötung bin Ladens durch eine US-Spezialeinheit in Pakistan verfolgten. (dapd)