Ein Jahr nach dem Tod ihres Gründers Osama bin Laden ist die Terrororganisation weiterhin weltweit präsent.

Die Kommandoaktion und der Tod des Terrorpaten Osama bin Laden im vergangenen Mai war für die USA vor allem ein ideeller Schlag gegen al-Qaida. Niemand war überrascht, dass das dezentral organisierte Terrornetzwerk auch ein Jahr nach dem Tod des Gründers und der Gallionsfigur Bin Laden weiterhin aktiv ist. Bin Ladens Nachfolger, der Ägypter Aiman al Sawahiri, hat nicht das Charisma seines langjährigen Weggefährten. Er gilt als barsche und kontroverse Persönlichkeit. Doch wenn al-qaida eines bewiesen hat, dann die Fähigkeit, sich an widrige Umstände anzupassen.

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Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sind mehr als zehn Jahre vergangen. Die Organisation, die der Terrorchef im vergangenen Jahr hinterließ, war eine andere als damals und sie hat sich auch seit seinem Tod gewandelt. Der harte Kern der al-qaida in Pakistan ist ständig auf der Flucht vor Drohnenangriffen der CIA im Grenzgebiet zu Afghanistan. In anderen Teilen der Welt, vor allem in Afrika, ist al-Qaida erfolgreicher und hat neue Fronten eröffnet, indem sie mit örtlichen Extremisten kooperiert.

Es sind al-Qaida-Ableger entstanden, die unter dem ideologischen Banner des globalen Dschihads für regional begrenzte Interessen kämpfen. Sie gleichen in Teilen Afrikas eher traditionellen Rebellenbewegungen als Terrorgruppen und siedeln sich aktiv dort an, wo Staaten nicht fähig sind, ihr Machtmonopol durchzusetzen.

Al-Qaida ist mehr den je eine Idee, oder gleicht eher einem Dachverband für Gruppen, die eigene Ziele verfolgen. „Der Markenname al-Qaida wird für viele Franchises und Branchen genutzt“, erklärt der Dschihad-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Asiem El Difraoui.

Es gebe vereinfacht drei verschiedene Organisationstypen. Einmal die Kern-al-Qaida um Aiman al Sawahiri. Dann zwei Arten von Ablegern. Die einen, wie die al-Qaida im Jemen, wurden direkt im Auftrag der Kern-al-Qaida gegründet. Die zweite Form des Ablegers sind Gruppen wie die al-Qaida im Islamischen Maghreb, die um Mitgliedschaft bei al-Qaida buhlen und erst gewisse Standards erfüllen mussten, um aufgenommen zu werden. Zuletzt gebe es noch autonome Gruppen, die mit al-Qaida verbündet sind.

Am gefährlichsten schätzen die Amerikaner al-Qaida im Jemen ein. Erst kürzlich bat der Direktor der CIA, David Petraeus, die US-Regierung um Erlaubnis, das Drohnenprogramm im Jemen auszuweiten, nach der Art wie es in Pakistan erfolgreich war.

Während des Volksaufstandes gegen den ehemaligen jemenitischen Staatspräsidenten Ali Abdullah Saleh im vergangenen Jahr, konnten Kämpfer der al-Qaida im Jemen mehrere Städte im Süden des Landes erobern, die unter schweren Verlusten von den jemenitischen Regierungstruppen zurückerobert werden.

Am Horn von Afrika nutzt die somalische Al Shabab das Machtvakuum, das der seit mehreren Jahrzehnten darbende Staat nicht ausfüllen kann. Sie schloss sich Anfang Februar offiziell der al-Qaida an, wie Sawahiri in einer Videobotschaft bestätigte. In Algerien bis in die südlich gelegene Sahelzone hinein, in Mali und Mauretanien, ist der Ableger al-Qaida im Islamischen Maghreb aktiv.

Durch den Staatsstreich in Mali im März entstand im Norden des Landes ein Machtvakuum, das nicht nur die Rebellen der Tuareg für sich zu nutzen wussten. Auch die schwarzen Flaggen der radikalislamischen Organisation Ansar Dine wurden gesichtet. Im Norden von Nigeria ließ die radikalislamische Sekte Boko Haram ihren Kampf aufleben. Auch ihr werden Verbindungen zur al-Qaida nachgesagt.

Das Terrornetzwerk al-Qaida wurde in den späten 1980er Jahren von dem aus Saudi-Arabien stammenden Osama bin Laden und dem wenig bekannten Palästinenser Abdullah Assam gegründet. Das Ziel der radikalislamischen Organisation ist der weltweite Dschihad („Heiliger Krieg“), der sich vor allem gegen westliche Einflüsse richtet. Als oberstes Ziel gilt die Gründung eines Kalifats auf der Grundlage der Scharia, dem islamischen Recht.

Nachdem Bin Laden in Afghanistan bei den Taliban Unterschlupf fand, weitete sich das Netz der al-Qaida weltweit aus. Es ist keine hierarchisch organisierte Gruppe, sondern hat weltweit halbautonome Untergruppen, wie etwa die al-Qaida im Islamischen Maghreb (Aqim). Nach Bin Ladens Tod im vergangenen Jahr übernahm Aiman al Sawahiri offiziell die Führung der al-Qaida. (dapd)