Afghanen protestierten gegen Einsatz der Nato-Truppen im Norden des Landes. Erst riefen sie Parolen, dann eskalierte die Lage

Talokan/Berlin. Die Wut der Demonstranten richtete sich gegen die Internationale Schutztruppe Isaf. Sie soll in der Stadt Talokan Zivilisten getötet haben, klagten die Demonstranten an. Nach Isaf-Angaben war es ein Angriff gegen Aufständische. Dann eskalierte der Protest. Die Demonstranten warfen Handgranaten und Molotowcocktails. Schüsse fielen - bis zu zwölf Menschen starben.

Alles geschah unmittelbar vor einem Lager der Bundeswehr in der Provinzhauptstadt Talokan im Norden Afghanistans. Auch zwei deutsche Soldaten und vier afghanische Wachleute wurden bei den Protesten verletzt. Die Soldaten sind aber außer Lebensgefahr.

Die Angaben über Tote und Verletzte gingen gestern auseinander. Vermutlich seien vier Demonstranten getötet und 10 verletzt worden, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin. Afghanische Behörden sprachen von zwölf Toten und 80 Verletzten.

Die Bundeswehr teilte mit, an der Demonstration gegen die nächtliche Isaf-Aktion hätten sich etwa 100 Menschen beteiligt. Afghanische Polizisten versuchten zunächst mit Warnschüssen, die Demonstration aufzulösen. Daraufhin seien die Protestierenden in Richtung Innenstadt gezogen und hätten Geschäfte und Autos in der Nähe des Camps zerstört. Später seien die Demonstranten zurückgekehrt und die Lage sei eskaliert. Die Menschen in Talokan riefen Schmährufe gegen die USA und Präsident Hamid Karsai. "Tod Karsai! Tod den USA!", hieß es. Wer die tödlichen Schüsse abgegeben hat, werde noch geklärt. Die Menschen in Talokan demonstrierten gegen eine Isaf-Operation in der Stadt in der Nacht zu Mittwoch, bei der zwei Frauen und zwei Männer getötet wurden. Der Polizeichef Tachars, Schah Dschehan Nuri, sagte: "Sie waren alle Zivilisten." Laut Isaf handelte es sich um Angehörige der Islamischen Bewegung Usbekistans. Deutsche Soldaten hatten an dem Einsatz nach Angaben der Bundeswehr nicht teilgenommen.

Bei einem weiteren Anschlag auf einen Polizeibus im Osten Afghanistan sind gestern mindestens zehn Menschen getötet worden.