Südkoreas Marine demonstriert mit großem Manöver Stärke

Seoul. Zwischen den verfeindeten Nachbarstaaten Nord- und Südkorea hat sich der Ton weiter verschärft. Die nordkoreanische Armee erklärte ein Sicherheitsabkommen, das bewaffnete Zusammenstöße mit Seoul bislang verhindern sollte, für ungültig. Südkoreas Marine demonstrierte mit einem Manöver militärische Stärke, während in Seoul rund 10 000 Demonstranten Vergeltung für den Angriff auf ein südkoreanisches Kriegsschiff forderten.

Das Abkommen zur Verhinderung unbeabsichtigter Konflikte sei "null und nichtig", erklärte Nordkoreas Generalstab in einem Schreiben an die südkoreanische Armeeführung, wie Nordkoreas amtliche Nachrichtenagentur KCNA meldete. Zudem beschimpfte der Generalstab die Südkoreaner als "Wahnsinnige, Kriecher, Kollaborateure" und drohte mit einem sofortigen Angriff, falls Südkorea die Grenze im Gelben Meer verletze. Die Sicherheit von Südkoreanern in Nordkorea könne nicht mehr garantiert werden, zudem erwäge Pjöngjang, den Zugang zum gemeinsam betriebenen Industriekomplex Kaesong in Nordkorea zu sperren.

An dem eintägigen Manöver der südkoreanischen Marine beteiligten sich rund zehn Schiffe, darunter ein 3000 Tonnen schwerer Zerstörer und drei Patrouillenschiffe. Dabei wurde auch geschossen. Das Manöver wurde vor der Westküstenstadt Taean abgehalten, in deutlicher Entfernung zu der umstrittenen Grenze im Gelben Meer, wo Ende März ein südkoreanisches Kriegsschiff bei einem Torpedoangriff zerstört worden war. Die südkoreanische Armee und die 28 500 in Südkorea stationierten US-Soldaten wurden nach südkoreanischen Angaben in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Zudem sei die Luftüberwachung Nordkoreas verstärkt worden. Nach Angaben nordkoreanischer Dissidenten versetzte Machthaber Kim Jong-il seine Truppen ebenfalls bereits in Alarmbereitschaft.

In Südkoreas Hauptstadt Seoul gingen rund 10 000 Menschen, darunter viele Veteranen, auf die Straße, um ein hartes Vorgehen gegen das Nachbarland zu fordern. "Tötet Kim Jong-il", forderten die Demonstranten. Sie verbrannten eine große nordkoreanische Flagge und verlangten Strafmaßnahmen für Oppositionelle im eigenen Land, die das Ergebnis einer internationalen Untersuchung zum Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffes "Cheonan" infrage stellten.

Die Krise zwischen den beiden koreanischen Staaten hat sich seit der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts massiv verschärft. Ermittler aus fünf Ländern hatten vergangene Woche erklärt, sie hätten "überwältigende Beweise" dafür, dass Nordkorea für den Torpedoangriff auf das Schiff am 26. März im Gelben Meer verantwortlich sei. Bei dem Unglück waren 46 Menschen ums Leben gekommen. Pjöngjang weist jede Schuld von sich.

Heute wird Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao in Seoul erwartet. Nach Angaben eines US-Diplomaten könnte damit eine Annäherung Chinas an die südkoreanische Haltung eingeleitet werden.