US-Spezialeinheiten sollen auf Befehl von General Petraeus in zahlreichen Krisenstaaten spionieren

Hamburg/Washington. Sie tragen Namen wie "Green Berets", "Task Force 11"; "Delta Force" oder "Devgru" - die zahlreichen Spezialeinheiten der USA. Kein anderes Land der Welt verfügt über eine derartige Vielfalt an militärischen Eliteeinheiten für verschiedene taktische Zwecke. Das United States Special Operations Command (USSOCOM) führt rund 50 000 Mann. Und diese Armee an hochtrainierten Soldaten soll in Zukunft noch viel aktiver werden als bislang schon.

Wie die "New York Times" gestern unter Berufung auf Pentagon-Dokumente und Beamte des Verteidigungsministeriums berichtete, hat US-General David Petraeus bereits am 30. September einen brisanten Befehl erteilt. In einer "breiten Expansion geheimer militärischer Aktivitäten" sollen Spezialeinheiten in einer ganzen Reihe von Staaten des Nahen Ostens und Asiens militante Gruppen wie al-Qaida bekämpfen und Bedrohungen für die USA abwehren. Besonders pikant daran: Die Liste dieser Staaten umfasst neben den üblichen Terrorverdächtigen wie Somalia auch offizielle Verbündete der USA wie Saudi-Arabien und den Jemen. Und den Iran. Im Visier des US-Generals, der Kommandeur des Central Commands ist, in dessen Zuständigkeitsbereich unter anderem auch der Irak und Afghanistan fallen, sind vor allem Zentralasien und das Horn von Afrika. Die amerikanischen Elitekrieger sollen im Iran die Strukturen des Atomprogramms ausspionieren und mögliche Ziele für einen Militärschlag erkunden. Auch sollen in diesen Staaten Oppositionsgruppen oder andere Kräfte für US-Interessen eingespannt werden.

Die sieben Seiten umfassende Direktive namens "Joint Unconventional Task Force Execute Order" - übersetzt etwa "Einsatzbefehl für die vereinigten Truppen für unkonventionelle Aufgaben" - begründet einen systematischeren und längerfristigen Einsatz derartiger Spezialeinheiten, als dies unter früheren US-Regierungen der Fall war.

Der Befehl von General Petraeus, der als früherer Kommandeur der US-Truppen im Irak Erfahrungen im Kampf gegen Terrorgruppen sammeln konnte, spiegelt aber auch die alte Rivalität und das Misstrauen zwischen dem Pentagon und der Central Intelligence Agency (CIA) wider.

Die Streitkräfte wollen auf diese Weise ihre frühere Abhängigkeit vom Spionageapparat der CIA, deren Ruf in den letzten Jahren arg gelitten hat, deutlich verringern. "Das Verteidigungsministerium darf nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden", sagte ein Pentagon-Beamter - mit kaum verhohlenem Zweifel an der Kompetenz der CIA. Deren Sprecher Paul Gimigliano beeilte sich zu erklären, die CIA und das Pentagon hätten "enge Bindungen". Auch gebe es mehr als genug zu tun für alle. Der Schlüssel sei Koordination. "Normalerweise funktioniert das gut, und wenn ein Problem auftaucht, wird es beigelegt", beteuerte Gimigliano.

Die Petraeus-Direktive hat einen weiteren entscheidenden Vorteil für das Pentagon: Die Einsätze der amerikanischen Schattenkrieger brauchen nicht - wie jene der CIA - vom Präsidenten abgesegnet zu werden und müssen auch nicht regelmäßig dem US-Kongress vorgelegt werden.

Kritiker der neuen Strategie befürchten jedoch, dass ohnehin schwierige Verbündete der USA wie Saudi-Arabien oder der Jemen äußerst verärgert auf US-Spezialeinheiten auf ihren Territorium reagieren könnten - wie dies bei Pakistan der Fall war. Auch könnten Staaten wie Syrien wieder stärker in eine Konfrontation zu Washington übergehen. Und: Falls sie gefangen genommen würden, könnten US-Elitesoldaten wie Spione behandelt werden. Das heißt, ihnen würden die schützenden Regeln der Genfer Konvention, die üblicherweise für Soldaten gelten, vorenthalten werden.