In den Streit um das iranische Atomprogramm ist Bewegung gekommen: Teheran erklärte sich bereit, sein Uran im Ausland anreichern zu lassen.

Teheran. Der Iran hat in dem seit Jahren schwelenden Atomstreit mit der internationalen Gemeinschaft angesichts schärferer Sanktionsdrohungen eingelenkt. Bei einem Dreiergipfel mit der Türkei und Brasilien in Teheran wurde am Montag ein Abkommen unterzeichnet, das die Anreicherung iranischen Urans im Ausland vorsieht. Mit Blick auf die Umsetzung zeigten sich internationale Beobachter jedoch skeptisch.

Der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast betonte, die Einigung zeige, dass sein Land an „Kooperation statt Konfrontation“ interessiert sei. Dagegen vermutete Israel ein Täuschungsmanöver von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, um Sanktionen gegen den Iran zu verhindern. Aber auch Russland und die Bundesregierung zeigten sich zurückhaltend. Die EU reagierte abwartend, Frankreich sah vorerst „nur eine vertrauensbildende Maßnahme“.

„Die Frage ist, ob Ahmadinedschad nicht wieder die ganze Welt an der Nase herumführt“, sagte der israelische Handelsminister Benjamin Ben-Elieser (Arbeitspartei) im Rundfunk. Man müsse die Ergebnisse des Abkommens erst prüfen und die weitere Entwicklung beobachten. Bisher habe Ahmadinedschad gegen alle Vereinbarungen verstoßen. „Jeden Tag schreitet er näher in Richtung Atombombe“, warnte Ben-Elieser.

Für Verwirrung sorgte zudem eine weitere Stellungnahme des Teheraner Ministeriumssprechers. Mehmanparast sagte der iranischen Nachrichtenagentur IRNA, sein Land wolle die Anreicherung des Urans auf die nötigen 20 Prozent in der eigenen Nuklearanlage Natans durchführen. Zunächst blieb unklar, ob sich der Sprecher damit nur auf die Zeit bis zur Umsetzung des Beschlusses bezog.

Zuvor hatte es geheißen, der Iran werde auf die Nutzung von Natans verzichten – falls es zu einer Einigung mit der internationalen Atombehörde IAEA komme. Durch den Kompromiss sollen Bedenken der USA und ihrer Verbündeten über das iranische Nuklearprogramm ausgeräumt werden. Sie verdächtigen Teheran, heimlich am Bau einer Atombombe zu arbeiten.

Das Treffen Ahmadinedschads mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan galt als letzte Chance für das Land, Zwangsmaßnahmen zu vermeiden. Aus Lulas Sicht ist die Vereinbarung ein „Sieg der Diplomatie“: „Wir haben ein Vertrauensverhältnis aufgebaut“, sagte er in einem Rundfunk-Interview.

Nach Angaben des iranischen Außenministeriums verständigten sich die Gipfel-Teilnehmer darauf, zunächst 1,2 Tonnen niedrig angereichertes Uran auf türkischem Gebiet aufzubewahren, bis der Brennstoff fertiggestellt ist. Erst dann soll das Uran in einem medizinischen Reaktor zum Einsatz kommen.

Die Bundesregierung wollte das Abkommen nicht näher bewerten. Man kenne noch keine Details, sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin. Wichtig für Deutschland bleibe, dass Teheran die Forderungen der Vereinten Nationen und der IAEA erfülle. „Springender Punkt“ dabei sei, ob die Anreicherung im eigenen Land ausgesetzt werde. Laut Außenamtssprecher Andreas Peschke ist weiterhin Transparenz „über die Natur des Atomprogramms“ nötig.

Russland kündigte eine genaue Prüfung der Berichte über die Einigung im Atomstreit an. Bis dahin werde sich Moskau nicht äußern, sagte ein Mitarbeiter des Außenministeriums am Montag nach Angaben der Agentur Interfax. „Uns liegen bisher keine offiziellen Informationen vor, daher halten wir uns mit Reaktionen zurück.“

„Wir sind über das Atomprogramm sehr in Sorge“, betonte hingegen EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Rande des EU-Lateinamerika- Gipfels in Madrid. Der Iran habe sich geweigert, eine ernsthafte Debatte aufzunehmen. Stattdessen habe es im vergangenen halben Jahr immer wieder „Komplikationen und Konfusion“ gegeben.

Das Außenministerium in Paris stellte klar, dass sich die Einigung vom Montag nicht auf das gesamte Nuklearprogramm erstrecke. „Täuschen wir uns nicht:Eine Lösung der Frage des Teheran-Forschungsreaktors würde das Problem (...) in keiner Weise regeln.“ In einer früheren Initiative hatte sich Frankreich selbst zur Anreicherung angeboten.

Ahmadinedschad forderte einen Neustart der Atomgespräche mit der Sechsergruppe, der neben den fünf Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats auch Deutschland angehört. „Jetzt haben sie keine Ausrede mehr“, sagte er. Irans oberster Atom-Unterhändler Ali-Akbar Salehi verlangte ebenfalls eine Fortsetzung: „Der Iran hat seinen guten Willen gezeigt. Jetzt sind die Weltmächte an der Reihe, ihren zu zeigen.“