Regierung startet Offensive gegen die Rothemden, die seit Wochen das Zentrum der Stadt blockieren

Hamburg. Barrikaden brennen, Granaten explodieren, Schüsse fallen, schwer bewaffnete Soldaten stehen den rot gekleideten Demonstranten gegenüber - das Zentrum Bangkoks gleicht nach Korrespondentenberichten einem Kriegsschauplatz. Die Regierung hat offenbar eine militärische Offensive gestartet, um die Blockade der bis zu 8000 Demonstranten, die seit zwei Monaten Teile der thailändischen Hauptstadt lahmlegt, zu beenden. Angeblich sind die Krankenhäuser schon in Alarmbereitschaft versetzt, um rund um die Uhr Verletzte aufnehmen zu können.

Acht Tote hat es binnen 24 Stunden bereits gegeben und mindestens 100 Verletzte. Unter ihnen ist der zu den Rothemden, wie sich die Demonstranten nennen, übergelaufene Generalmajor Kattiya Sawadeepol. Während eines Interviews mit ausländischen Journalisten traf ihn eine Kugel in den Kopf. "Er fiel sofort zu Boden, seine Augen starrten ausdruckslos, und er bewegte sich nicht mehr", sagte Thomas Fuller, Journalist der "New York Times". Vermutlich wird der im Koma liegende Generalmajor die Verletzung nicht überleben. Die Rothemden beschuldigen die Armee, Scharfschützen auf Kattiya, den sie auch Kommandeur Rot nennen, angesetzt zu haben.

Der Schuss auf ihn könne der Beginn der Offensive gegen die Rothemden gewesen sein oder aber auch ein Versehen, meint der Hamburger Thailand-Experte Marco Bünte vom Giga-Institut für Asien-Studien. "Wenn die Schießereien jetzt anhalten, ist mit einer Niederschlagung des Aufstandes zu rechnen", sagt er. Der Wissenschaftler vermutet, dass die Regierung um Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva nun den Hardlinern nachgegeben hat, nachdem ein Versöhnungsangebot an die Rothemden gescheitert ist. Abhisit hatte einem Versöhnungsplan mit den von den Demonstranten geforderten vorgezogenen Wahlen zugestimmt. Daraufhin verlangten diese aber zusätzlich auch die Auflösung der Regierung.

Die Rothemden, vor allem Arbeiter aus den ländlichen Regionen, sind überwiegend Anhänger des 2006 bei einem Militärputsch gestürzten und außer Landes geflohenen ehemaligen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra und werfen Abhisit vor, illegal ins Amt gekommen zu sein. Sollte es Wahlen geben, räumt Bünte der Opposition auch wieder gute Chancen auf einen Sieg ein.

Gestern riegelte das Militär jedoch erst einmal das von den Demonstranten seit Wochen besetzte Geschäftsviertel vollständig ab. Der Strom wurde abgestellt, Mobilfunknetze unterbrochen und die Nachschubwege zu den Besetzern gestört. Ein BBC-Reporter berichtete, dass die Soldaten nicht nur Gummigeschosse und Tränengas, sondern auch scharfe Munition abfeuerten. Die Demonstranten schossen mit Feuerwerkskörpern zurück und blockierten die Straßen mit brennenden Fahrzeugen. Verteidigungsminister Prawit Wongsuwan sagte, die Rothemden sollten durch den Einsatz zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bewegt werden.

Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach Bangkok derzeit dringend ab. Die thailändische Regierung hat den Ausnahmezustand für die Hauptstadt am Donnerstag auf weitere Provinzen ausgedehnt. Tourismusregionen im Süden des Landes sind allerdings von den Unruhen bisher nicht betroffen. Auch der Transitverkehr über den Flughafen in Bangkok ist möglich. Reisen in die Hauptstadt selbst und Rundreisen in Nord-Thailand haben die großen Reiseveranstalter allerdings vorerst bis Ende Mai abgesagt. Umbuchungen und Stornierungen sind möglich.