Tories und Labour kämpfen beide um Koalition mit den Liberalen

London. Der britische Premierminister Gordon Brown hat seinen Rücktritt als Chef der Labour-Partei inAussicht gestellt. Er habe seine Partei gebeten, den Prozess für die Wahl eines neuen Vorsitzenden anzustoßen, sagte Brown gestern in London. Er selber werde dabei nicht zur Wahl stehen. Gleichzeitig erklärte Brown, dass seine Partei mit den Liberaldemokraten offiziell in Koalitionsverhandlungen treten werde.

Damit erfüllt Brown die Bedingung des Liberalen-Chefs Nick Clegg, der vor der Wahl betont hatte, es gebe keine Koalition mit Labour, so lange Brown an der Spitze stehe. Jedoch sickerte durch, dass die Liberalen durchaus schon mit der Labour-Partei sprachen. Nach Berichten des Senders BBC deuteten hochrangige Labour-Mitglieder an, Brown könne im Falle einer Koalition mit den Liberalen für eine Übergangszeit Premier bleiben und seinen Rücktritt für später in Aussicht stellen.

Gleichzeitig hieß es in bisher unbestätigten Berichten des Senders Sky, dass sich Konservative und Liberal-Demokraten gestern in Grundzügen auf die Bildung einer Regierung verständigt hätten. Unterhändler beider Parteien wollten ihre Vorschläge ihren Gremien vorlegen. Die Konservativen waren aus der Wahl zum Unterhaus als stärkste Kraft hervorgegangen, hatten aber die absolute Mehrheit verfehlt. Zum Regieren sind sie auf die Duldung durch die Liberaldemokraten oder eine Koalition mit ihnen angewiesen.

Labour-Finanzminister Alistair Darling rief Tories und Liberaldemokraten auf, die Hängepartie schnell zu beenden. "Es nützt niemandem, wenn dieser Prozess noch lange weitergeht", sagte er. Clegg versprach, "so schnell wie möglich" zu einem Ergebnis zu kommen. Die Menschen sollten allerdings auch verstehen, dass seine Partei eher eine richtige als eine überstürzte Lösung wolle.

Ein kritischer Punkt der Verhandlungen mit den Tories ist eine Reform des Wahlrechts, die die Liberalen unbedingt wollen, aber möglicherweise nicht bekommen. Mit Labour haben die Liberalen zwar mehr gemein, jedoch kommen die Parteien auch gemeinsam nicht auf eine absolute Mehrheit und müssten noch andere Gruppen ins Boot holen.