US-Präsident Obama nominiert Rechtsberaterin Elena Kagan für den Supreme Court

Washington. US-Präsident Barack Obama hat die Rechtsberaterin des Weißen Hauses, Elena Kagan, für einen Richterposten am Obersten Gericht in Washington nominiert. Bei der Vorstellung der 50-Jährigen im Weißen Haus wies Obama darauf hin, dass Kagan sich in ihrer langen Karriere immer wieder für die Rechte einfacher Bürger engagiert habe. Kagan habe in mehreren großen Fällen "Aktionäre gegen skrupellose Konzerne verteidigt", sagte Obama. "Sie versteht Justiz nicht nur als intellektuelle Übung, sie sieht die konkreten Auswirkungen auf das Leben der Menschen."

Der Präsident wies darauf hin, dass Kagans Fachwissen "über die ideologischen Barrieren hinweg anerkannt" werde. "Elena genießt Anerkennung als eine der führenden Juristinnen des Landes", sagte Obama.

Die neun Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Insofern ist es auch ein Politikum, dass Kagan erst 50 Jahre alt ist. Kagan wäre nicht nur das jüngste Mitglied des Gerichts, sondern auch als Einzige ohne vorherige Erfahrung auf der Richterbank. Bislang steht sie auf der anderen Seite: Seit März 2009 ist sie "Solicitor General" des Weißen Hauses: In dieser Rolle vertritt sie die US-Regierung bei Verfahren vor dem Obersten Gericht. Sechs Fälle hat sie dort bereits abgehandelt und sich durch gedankliche Schärfe und Schlagfertigkeit einen guten Namen gemacht. Zuvor war Kagan Anwältin und Professorin. Als erste Frau leitete sie die Jura-Fakultät der Elite-Universität Harvard. Sie führte den kostenlosen Ausschank von Kaffee in den Hörsälen ein, was ihr die Studenten noch heute danken. Später hatte sie auch in Obamas Heimatstadt Chicago gelehrt. Von dort holte sie 1995 der damalige US-Präsident Bill Clinton als Beraterin.

Die Berufung eines neuen Mitglieds für den neunköpfigen Supreme Court ist kein alltäglicher Verwaltungsakt. Der Oberste Gerichtshof hat einen im Vergleich zu anderen Ländern enormen Einfluss auf die gesellschaftliche Grundströmung in den USA. Hier werden die gesellschaftlichen und politischen Koordinaten regelmäßig vermessen und oftmals neu bestimmt. Gesellschaftspolitische Grundsatzentscheidungen wie die Gleichberechtigung von Schwarzen oder die Legalisierung der Abtreibung wurden von den Richtern am Supreme Court getroffen, nicht etwa von gewählten Parlamentariern.

Obama bat die Parteien im Senat um eine zügige Bestätigung seiner Kandidatin. Kagan benötigt dort mindestens 60 der 100 Stimmen. Obamas Demokraten verfügen nur über 59 Senatoren. Kagan ist Obamas zweite Kandidatin für das Oberste Gericht. Im vergangenen Jahr war Sonia Sotomayor auf seinen Vorschlag hin als Richterin an den Supreme Court gekommen. Ihre Eltern stammen aus Puerto Rico. Mit Kagan würden "zum ersten Mal in der Geschichte des Gerichts drei Frauen auf der Richterbank sitzen", sagte Obama. Kagan wäre überhaupt erst die vierte Frau am Supreme Court.

Die ideologische Gewichtung des Gerichts dürfte sich durch Kagans Benennung nicht ändern: Sie soll den linksliberalen Richter John Paul Stevens (90) ersetzen, der aus Altersgründen ausscheidet.