Hamburg. Behörden beschlagnahmen immer mehr Kokain. Seehäfen wollen besser zusammenarbeiten. Wie das gehen soll, zeigt ein Gipfel in Hamburg.

Im kleinen Film der Polizei sieht es am Ende übel aus für den Täter. Er liegt am Boden, Polizisten knien auf ihm, Blaulicht, ein Kind kreischt. Der Mann, der nun mit Handschellen abgeführt wird, hat mit Drogenkartellen zusammengearbeitet. Er hat eine Stelle im Hafen, Zugang zu Containern. Doch seinen Job hat er missbraucht – und den Kokain-Schmugglern geholfen, die Drogen nach Deutschland zu verfrachten.

Das Filmchen soll aufklären über die Maschen der Drogen-Clans – und Menschen abschrecken, mit ihnen gemeinsame Deals zu machen. Die Botschaft der Sicherheitsbehörden: Organisierte Kriminalität lohnt sich nicht.

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    Die Realität aber sieht in der Regel anders aus: Drogenkartelle machen Milliarden-Umsätze – und die Täter bleiben oft unentdeckt. Vor allem die Bosse und Hinterleute. Seit Jahren steigt die Menge an Kokain, die Sicherheitsbehörden sicherstellen, mehr als 30 Tonnen allein im vergangenen Jahr im Hamburger Hafen. Das ist einerseits ein Fahndungserfolg. Andererseits ein Warnsignal, denn die Massen an Drogen, die unentdeckt vor allem über den Hamburger Hafen die Dealer in Deutschland erreichen, bleibt im Dunkeln. Die Werte von Kokainresten im Abwasser steigen – und damit dürfte auch die Nachfrage nach der Droge in Deutschland wachsen.

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    Morde und Anschläge: Drohen in Deutschland Verhältnisse wie in Belgien und den Niederlanden?

    Der Staat droht den Kampf gegen die Kokain-Kartelle zu verlieren. Was das bedeutet, erleben vor allem Belgien und die Niederlande: Kriminelle begehen schwerste Gewalttaten, gezielte Tötungen auf offener Straße, Brandanschläge, Bombenexplosionen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will verhindern, dass Deutschland Gewalt in diesem Ausmaß erlebt. Ende Februar reiste sie nach Südamerika, zu den Ländern, in denen Kartelle das Kokain anbauen und nach Europa verschiffen.

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      An diesem Dienstag traf sich Faeser nun mit Innenministerinnen und Innenministern sowie deren Vertretungen aus Belgien, Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden, alles Städte mit den größten Seehäfen Europas. Der Ort des Gipfels gegen Kokain-Kartelle ist gezielt als Symbol ausgewählt: das maritime Museum, mitten in der Hamburger Speicherstadt, unweit der Terminals, in denen die Drogen den deutschen Boden erreichen.

      Die Masche der Kartelle: Sie werben Komplizen in den Hafen-Betrieben an

      Die Botschaft: Im Handel sind die europäischen Häfen Konkurrenten – im Kampf gegen die Drogen-Mafia wollen sie kooperieren: Zoll, Polizei, Reedereien, Hafenlogistik. Antwerpen, Rotterdam und Hamburg sollen Transportrouten genauer überwachen, schon mithilfe der Staaten in Südamerika, wenn die Behörden dort verdächtige Ladungen identifizieren. Diese Zusammenarbeit ist wichtig – und heikel zugleich. Denn die Behörden müssen sich gegenseitig vertrauen, und der Austausch der Daten muss rechtlich sauber laufen, damit Beweise vor Gericht in Deutschland verwendet werden können.

      Reiste im Kampf gegen die Kokain-Kartelle nach Lateinamerika: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)
      Reiste im Kampf gegen die Kokain-Kartelle nach Lateinamerika: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) © ddp/Georg Wendt | Georg Wendt

      Zugleich wollen die Sicherheitsbehörden Container-Terminals besser überwachen, die Technik auf einen gemeinsamen europäischen Stand bringen, sodass die Kriminellen ihre Routen nicht einfach anpassen können. Kriminalbeamte erhoffen sich vor allem Fahndungserfolge, indem die Behörden dem Geld der Kartelle besser auf die Spur kommen. Denn die Milliarden aus Drogengeschäften müssen gewaschen werden, etwa durch illegale Geschäfte oder Investitionen in Immobilien. „Untergrundbanken“ – nicht selten mithilfe von verschlüsselter Krypto-Währung – ermöglichen den Geldtransfer der Kartelle, heißt es in der Abschlusserklärung nach dem Gipfel in Hamburg. Hier wollen die Innenbehörden mehr Befugnisse, um virtuelle Vermögenswerte zu beschlagnahmen.

      Der Film der Hamburger Sicherheitsbehörden ist Teil einer Kampagne, die sich an Mitarbeitende in den Häfen richtet, etwa bei Logistikfirmen oder in den Terminalbetrieben. Denn genau dort werben Kriminelle Komplizen an: sogenannte Innentäter, die ihnen helfen, an die geschmuggelten Drogen in den Terminals zu kommen – vorbei an den Überwachungsmaßnahmen. Sicherheitsleute beschreiben diese Masche der korrumpierten Hafenarbeiter als wachsendes Problem.

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