Berlin. Mit der F126 bekommt die deutsche Bundeswehr ein neues, extrem teures Kriegsschiff. Was macht die Super-Fregatte so außergewöhnlich?

  • Die Bundeswehr bekommt neue Kriegsschiffe
  • Derzeit werden vier neue Fregatten der Klasse F126 gebaut
  • Sie sind extrem teuer – und das hat seinen Grund

Deutschland bekommt neue Kriegsschiffe. Seit Anfang Dezember arbeitet die Peene-Werft im vorpommerschen Wolgast an der ersten von insgesamt vier neuen Fregatten der Klasse F126. Es sei „das Schiff, das wir in diesen Zeiten brauchen“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller (SPD) bei Baubeginn.

Nicht weniger als das größte deutsche Kriegsschiff der Nachkriegsgeschichte entsteht in Wolgast und später in Kiel und Hamburg – und wohl auch das Teuerste. 1,4 Milliarden Euro kostet eines der Schiffe, rund sechs Milliarden Euro sind insgesamt veranschlagt. Eine Option auf zwei weitere Einheiten gibt es, die Bundeswehr hätte gerne sechs F126 in ihren Häfen liegen: Zwei sind gefechtsbereit, zwei in der Instandhaltung und zwei sollen wenigstens abgestuft gefechtsbereit sein. Das sieht das Zielbild Marine 2035 vor.

Mehrzweckplattform F126: Ein ziemlich großes Baustein-Schiff

Die F126 ist ein ungewöhnliches Projekt, schon was die Abmessungen angeht: Mit rund 10.000 Tonnen Verdrängung, 166 Metern Länge und 21,7 Metern Breite ist die Fregatte recht groß geraten. „Ziemlich groß“, sagt Johannes Peters, Marineexperte vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel, unserer Redaktion. Die Leitung des Baus liegt beim niederländischen Unternehmen Damen Naval, gebaut wird ausschließlich in Deutschland.

Die Schiffe sind nach einer Art Baustein-System konstruiert, ein Novum für die Deutsche Marine. Vier Module gibt es, mit denen sich eine F126 an die Anforderungen eines Einsatzes anpassen lässt: die U-Boot-Aufklärung, Minenbekämpfung, Einsatz von Tauchern oder Anti-Piraterie. Die F126 kann das alles, den Baustein vorausgesetzt.

Die Module sind seecontainergroß und können überall da ausgetauscht werden, wo es eine Verladestation gibt. So kann auch während des laufenden Einsatzes der Zuschnitt des Schiffs geändert werden, was hohe Flexibilität ermöglicht – und lange Wartungszeiten verkürzt. Die Bundeswehr spricht von einem „Allrounder für die Marine“, der über längere Zeiträume im Einsatz bleiben kann, weltweit.

Symbolischer Brennbeginn: Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung, Siemtje Möller, (2.v.r.), die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und Vertreter des Auftragsnehmers starten symbolisch den Baubeginn der ersten Fregatte.
Symbolischer Brennbeginn: Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung, Siemtje Möller, (2.v.r.), die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und Vertreter des Auftragsnehmers starten symbolisch den Baubeginn der ersten Fregatte. © obs | Koester

114 Seeleute Besatzung sind an Bord, bis zu 80 weitere können eingeflogen werden, je nachdem, welches Modul verbaut ist. Die Bewaffnung: 16 Startvorrichtungen für Flugabwehrraketen (Vertical Launch System, VLS), eine Startvorrichtung für Seezielflugköper norwegischer Bauart, zwei Automatikgeschütze und eine Bordkanone, Kaliber 127 Millimeter.

Auf den ersten Blick hat die F126 damit eine recht schwache Bewaffnung, verglichen mit anderen Schiffen ähnlicher Größe. Die US-Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse (rund 9000 Tonnen Verdrängung) etwa haben bis zu 96 der VLS-Zellen an Bord, sind kleiner und billiger. 960 Millionen US-Dollar kostet einer, 880 Millionen Euro. Schmeißt die Bundeswehr Geld zum Fenster hinaus, bekommt sie zu wenig „bang for buck“, wie mancher Kritiker behauptet?

Fregatte F126: Zu wenig Knall pro Euro?

„Der Vergleich mit der Arleigh-Burke-Klasse hinkt“, erklärt Peters. „Das sind Lenkwaffenzerstörer, mit Fähigkeiten im Bereich der Seeziel- und Luftverteidigung.“ Sie beschützen US-Trägerkampfgruppen – „ein ganz anderes Einsatzszenario, als es bei den F126 vorliegt“.

Überhaupt: Die F126 sei ursprünglich nur für den Bereich internationales Krisenmanagement vorgesehen gewesen. Darunter fällt Friedenssicherung, Prävention und Eindämmung von Krisen, Stabilisierung von betroffenen Regionen. „Für solche Szenarien braucht es weniger Feuerkraft“, sagt Peters. „Für ein Schiff mit starker Bewaffnung hätte es vor 15 Jahren, als die F126 konzipiert wurde, keine Haushaltsmittel gegeben.“

Aber die Zeiten haben sich geändert, 2014 kam die Annexion der Krim. „Die F126 brauchte nun eine stärkere Bewaffnung, und da wurde gewaltig nachgeschärft, etwa bei den Senkrechtstartern.“ Ursprünglich sei nur der Platz für solche Zellen vorhanden gewesen, um bei Bedarf nachrüsten zu können. „Jetzt kommt die F126 von vornherein mit 16 VLS-Zellen.“

Für die U-Jagd-Fähigkeiten gilt dasselbe: Das Schiff hätte ursprünglich ohne entsprechende Fähigkeiten kommen sollen. „Nun hat die Nato erkannt, dass sie in dem Bereich ins Hintertreffen geraten ist – und zwei der vier Schiffe kommen mit vollem U-Jagd-Kit.“

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So ein U-Boot-Jäger benötige, anders als der US-Zerstörer, die Fähigkeit zum Schutz ganzer Verbände auch nicht. „Zumal die Deutsche Marine mit den Fregatten der F124er-Klasse über Schiffe verfügt, die solche Aufgaben erfüllen können und regelmäßig auch in Trägerkampfgruppen eingebunden sind.“

F126: Rollstuhlgerechtes Kriegsschiff mit Abgasreinigung

Bleibt die Frage, warum die F126 so groß ist. „Das geht zum Teil darauf zurück, dass deutsche Kriegsschiffe den Ansprüchen der zivilen Seefahrt entsprechen sollen, obwohl sie das nicht müssen.“ Schließlich sei ein Kriegsschiff kein Kreuzfahrtschiff. Dennoch verfügt die F126 über eine moderne Abgasreinigungsanlage, die Durchgänge im Schiff sind rollstuhlgerecht. „Das braucht Platz.“

Allerdings stecken auch militärische Anforderungen hinter den 10.000 Tonnen. „Das Schiff ist nach dem Zwei-Insel-Prinzip konzipiert, ein Treffer soll nicht gleich die ganze Einheit ausschalten können.“

Dazu käme die Ausrüstung: Radar, Sensoren, Waffen. Alles groß, alles komplex – und teuer. „Um es einfach zu sagen: Wenn Sie eine kampfstarke Fregatte haben wollen, dann bekommen Sie die nicht für unter einer Milliarde Euro“, betont Peters.

Peters spricht von einem grundsätzlichen Problem bei modernen Rüstungsprojekten, nicht nur in Deutschland. Wer technologisch ganz vorne mit dabei sein will, der müsse viel Geld bezahlen. „Wir sehen das bei Schiffen, aber auch im Bereich der Fliegerei oder bei Landfahrzeugen. Überall sind sehr komplexe Systeme verbaut, und die kosten Geld.“ Stichwort: Techflation.

Ob die F126 ihr Geld wert ist, was die Modulbauweise taugt und ob das Schiff eines ist, das wir „in diesen Zeiten brauchen“, wird sich ab 2028 zeigen. Dann soll die Bundeswehr die erste Fregatte übergeben bekommen, voraussichtlich. Die Zeiten könnten bis dahin freilich wieder ganz andere sein.