Berlin. In der Debatte über Antisemitismus unter Zuwanderern bringt der CDU-Chef überraschend den in Ungnade gefallenen Ex-SPDler ins Spiel.

Friedrich Merz kann es nicht lassen. Der CDU-Chef sorgt im Zuge der Migrationsdebatte erneut mit einer kontroversen Aussage für Aufsehen. Im Interview mit dem ZDF-Politformat „Berlin direkt“ am Sonntagabend beklagte Merz, dass die SPD seinerzeit nicht auf Thilo Sarrazin gehört hätte – den ehemaligen Finanzsenator Berlins und früheren Bundesbank-Vorstand, der nach mehreren Anläufen inzwischen aus der Partei ausgeschlossen wurde.

Friedrich Merz: „Thilo Sarrazin hat auf dieses Problem hingewiesen“

Das Thema des Interviews: Der offen sichtbare Antisemitismus auf deutschen Straßen, den Merz vor allem in Zuwanderungsgruppen verortet. Das Ausmaß habe ihn und seine Partei „überrascht und schockiert“. Der CDU-Chef kritisierte, dass nicht genug auf die Gefahren des politischen Islams hingewiesen worden sei und fuhr dann fort: „Ich gebe ihnen mal ein Beispiel. Der viel zitierte Thilo Sarrazin, der auf dieses Problem sehr deutlich hingewiesen hat – man muss nicht alles teilen, was er schreibt – aber auf das Problem hat er hingewiesen. Doch statt sich mit der Frage zu beschäftigen, hat die SPD ihn aus der Partei ausgeschlossen.“

Seine Partei, die CDU, habe gesagt, das sei nicht hilfreich. „Es wäre hilfreich gewesen, auf ihn und andere zu hören und sich mit diesem Problem mehr auseinanderzusetzen“, so Merz.

Sarrazin hatte vor knapp 14 Jahren erstmals mit rassistischen Aussagen für Empörung in der breiten Öffentlichkeit gesorgt. In einem Interview hatte der Politiker gesagt: „Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate.“ Und weiter: „Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.“

Später folgte Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“, in dem er die Kritik an Zuwanderung aus islamisch geprägten Ländern noch verschärfte.

Was Merz im ZDF-Interview nicht erwähnt: Sarrazin wurde in der Vergangenheit nicht nur Rassismus gegenüber Muslimen, sondern auch Antisemitismus vorgeworfen. So hatte er in einem Interview gesagt: „Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen.“ Eine Aussage, die Sarrazin später selbst revidierte.

Friedrich Merz: Der Werdegang des CDU-Politikers

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    Zentralrat der Juden übte massive Kritik an Sarrazin

    Wegen Sarrazins Aussagen über Ausländer im Allgemeinen hielt der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, bereits 2009 fest: „Ich habe den Eindruck, dass Sarrazin mit seinem Gedankengut Göring, Goebbels und Hitler große Ehre erweist.“

    Darauf zielt auch die Kritik ab, die nun Kommentatoren in den sozialen Netzwerken an Merz üben. Geschichtsprofessor Jürgen Zimmerer von der Universität Hamburg kommentierte Merz’ Aussagen wie folgt: „Sarrazin wurde nicht als Rassist identifiziert, weil er auf Probleme mit Migration hingewiesen hat, sondern weil er ‚Rasse‘ als Ursache dieser Probleme ausmachte. Wenn Merz sich dies zu eigen macht, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, auch einer zu sein.“

    Merz war in den vergangenen Monaten häufiger vorgeworfen worden, sich mit seinen Äußerungen inhaltlich der AfD anzunähern. So hatte er zuletzt behauptet, dass deutsche Bürger keine Zahnarzttermine mehr bekommen würden, weil Asylbewerber sich die Zähne neu machen ließen. Für diese Aussage gab es jedoch keine Belege.

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