Washington. Ein Deal sollte Bidens Sohn vor Strafverfolgung schützen. Doch daraus wird erstmal nichts. Für den US-Wahlkampf kann das Folgen haben.

Es war ein bitterer Rückschlag für US-Präsident Joe Biden und könnte für die politische Kampagne des Demokraten, der im November nächsten Jahres wiedergewählt werden will, gravierende Folgen haben: Der zwischen den Anwälten seines Sohnes Hunter und Staatsanwälten ausgehandelte Vergleich um Steuerdelikte und illegalen Waffenbesitz ist am Mittwochabend überraschend geplatzt.

Unklar ist aber nicht nur, inwieweit es der republikanischen Opposition gelingen wird, die Saga um den problematischen Sohn des Präsidenten zum politischen Vorteil auszuschlachten. Auch bleibt die Frage offen, ob zum ersten Mal in der Geschichte der Sprössling eines amtierenden Präsidenten womöglich ins Gefängnis muss.

Staatsanwaltschaft wollte auf Anklage verzichten

Dabei hatte alles ganz anders kommen sollen. Fünf Jahre lang hatte Delawares Staatsanwalt David Weiss gegen den 53-jährigen Hunter ermittelt. Vor einigen Monaten gab Weiss dann das Ergebnis geheimer Verhandlungen bekannt, die er mit Hunters Advokaten geführt hatte: Wegen zwei Steuerdelikten würde sich Biden schuldig bekennen. 2017 und 2018 soll er 1,5 Millionen Dollar verdient haben und sechsstellige Summen, die er an die Bundesfinanzverwaltung IRS hatte abführen müssen, deutlich zu spät gezahlt.

Deutlich schwerer wog der Vorwurf, dass Hunter 2018 beim Kauf einer Schusswaffe über seinen Drogenmissbrauch gelogen habe. Im Falle eines Schuldspruchs wäre eine Strafe von bis zu zehn Jahren hinter Gittern möglich gewesen. Weiss und seine Kollegen in Wilmington, der Wahlheimat des amtierenden Präsidenten, erklärten sich aber bereit, auf eine Anklage zu verzichten und knüpften dies an eine Bedingung: Hunter müsse lediglich zwei Jahre lang auf den Genuss von Rauschgift verzichten und zu regelmäßigen Drogentests bereit sein.

Das wiederum trieb Republikaner auf die Barrikaden. Sie schimpften, dass der zimperliche Umgang mit Hunter nur damit zu tun habe, dass sein Vater der mächtigste Mann im Lande ist. Demokraten hielten dem entgegen, dass es kein geringerer als Bidens Erzrivale und der ehemalige US-Präsident Donald Trump war, der Weiss zu seiner Position ernannt hat. Die Opposition lässt aber bis heute nicht locker, und mittlerweile erwägen Republikaner sogar, ein Impeachment-Verfahren gegen den 46. Präsidenten einzuleiten.

Deal vorerst geplatzt: Hunter Biden verlässt das Gerichtsgebäude in Wilmington, Delaware.
Deal vorerst geplatzt: Hunter Biden verlässt das Gerichtsgebäude in Wilmington, Delaware. © Mark Makela/Getty Images/AFP

Joe Biden droht Impeachment-Verfahren

Auch da würde der "missratene Sohn", wie ihn Kritiker nennen, eine prominente Rolle spielen. Gegenstand eines solchen Amtsenthebungsverfahrens wäre wohl auch Hunters Position im Vorstand des ukrainischen Erdgaskonzerns Burisma sein, wo er 500.000 Dollar im Jahr verdiente, während sein Vater Vizepräsident unter Barack Obama war und eine Mitverantwortung für die Ukraine-Politik trug.

Der republikanische Verdacht: Biden habe als Obamas Stellvertreter seine Macht missbraucht, um seinem Sohn einen glänzend dotierten Posten in einer Branche vermitteln, in der er nicht die geringste Erfahrung hat und in einem Land, dessen Sprache er nicht spricht.

Dass ein versuchtes Impeachment vom Erfolg gekrönt sein würde, gilt als unwahrscheinlich. Dennoch bereitet Hunter seinem Vater und dessen Beratern gerade zum Auftakt der Präsidentschaftskampagne endloses Kopfzerbrechen, und nun wird sich das Drama fortsetzen.

Hunter Biden: Verfahren geriet zum Drama

Zunächst hatte Hunter mit dem unehelichen Kind, das er mit einer Nackttänzerin hatte, für eine Blamage gesorgt. Auf einem anderen Blatt steht nun die potenziell folgenschwerere Entscheidung von Richterin Maryellen Noreika, die ebenfalls von Trump ins Amt gehievt wurde, und von dem Vergleich nichts wissen sollte. Sie bezeichnete den Deal zwischen Weiss und Hunters Anwälten als "untypisch" und "nicht geradlinig". Nach der Lektüre der Vereinbarung stellte sie sogar die zynische Frage "Ist das überhaupt verfassungsgemäß?"

Das Drama während des dreistündigen Verfahrens eskalierte, als die Richterin wissen wollte, ob der Vergleich zur Folge haben würde, dass der Präsidentensohn auch Immunität gegen die strafrechtliche Verfolgung anderer Verbrechen genießen würde, die er womöglich begangen hat.

"Nein, auf keinen Fall!" antwortete einer der Staatsanwälte, woraufhin Bidens Anwalt Chris Clark aus der Haut fuhr und schrie "Dann ist der Deal ungültig und nichtig!"

Noreika wies beide Seiten an, ihre Differenzen auszubügeln. In 30 Tagen sollen Hunter, Staatsanwalt Weiss und die anderen Advokaten ihr einen neuen Kompromissvorschlag vorlegen. Ob sie diesen akzeptieren wird, ist ungewiss. Sicher ist nur, dass der US-Präsident wird überlegen müssen, wie er den politischen Schaden, den sein Sohn schon bis heute angerichtet hat, in Grenzen halten kann.