Berlin. Die Ampel-Regierung setzt beim Verkehr auf die Entscheidungskraft der Kommunen. Hauptsache, das sorgt nicht für neue Konflikte.

Wer viel mit dem Auto unterwegs ist, sei es aus Gewohnheit, sei es aus Notwendigkeit, wünscht sich fließenden Verkehr, breite, gut ausgebaute Straßen mit wenigen Schlaglöchern, dazu grüne Welle. Wer sich aufs Fahrrad setzt, wünscht sich Sicherheit auf breiten Radwegen – und zwar ohne Baumwurzeln, die sich durch den Asphalt schieben. Und wer auf Bus und Bahn setzt, wünscht sich schnelle Taktungen, saubere, nicht zu volle Züge, Verlässlichkeit.

Der Verkehrsalltag in den Städten stimmt allerdings mit diesen Wünschen selten überein. Stau, schlechte Straßen, verstopfte Wohngebiete, zu wenig Parkplätze, gefährliche Kreuzungen, schlechte Luft, dreckige, überfüllte S-Bahnen, verspätete Busse – all dies ist Alltag. Lieferdienste können nicht parken, Radfahrer schimpfen, Fußgänger hetzen über zu kurze Ampelphasen.

Das Auto hat immer Vorfahrt – das ist Verkehrsplanung aus dem letzten Jahrhundert

Birgitta Stauber, Politik-Korrespondentin.
Birgitta Stauber, Politik-Korrespondentin. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Keine Frage: Reformen für einen fließenden Verkehr sind nötig. Schließlich hat die Verkehrsplanung vergangener Jahrzehnte nur noch wenig mit den Bedürfnissen der Menschen zu tun – von der angestrebten Klimaneutralität einmal ganz abgesehen.

An diesem Punkt gilt es allerdings, einmal tief durchzuatmen – und zwar am besten ideologiefreie Luft. Das Auto verbannen oder nur noch mit Tempo 30 durch die Stadt fahren zu lassen? Ganz auf den Radverkehr und den ÖPNV setzen? Das schafft in einer alternden Gesellschaft ähnliche Ungerechtigkeiten wie die alte Verkehrsplanung, die vor allem dem Autoverkehr Vorfahrt gab.

Das Lastenrad ist in einer alternden Gesellschaft nicht die perfekte Alternative

Wer nicht mit dem Lastenrad zum Einkaufen fahren kann oder will, wer nicht gut zu Fuß ist, wird weiterhin aufs Auto setzen – und sollte nicht mit fehlenden Parkplätzen und Straßenblockaden und Tempo 30 auf gut ausgebauten Straßen bestraft werden.

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Den Kommunen mehr Entscheidungsmacht bei der Verkehrsplanung zu geben – das kann der richtige Weg sein, wenn es darum geht, Luft aus dem Kessel zu lassen, mehr Rücksicht zu nehmen. Tatsächlich sind es meist die kleinen Probleme vor Ort, die den Anwohnern und Pendlern das Verkehrsleben schwer machen: Die unübersichtliche Kreuzung, die fehlende Ampel, der ständig zugeparkte Radweg.

Wenn Verkehrsströme sich ändern sollen, geht das leichter mit Anreizen als mit Verboten, dafür ist das 49-Euro-Ticket ein gutes Beispiel. Weitere sollten folgen.

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