Brüssel. EU-Ratspräsident Charles Michel soll für dienstliche Reisen ungewöhnlich oft Privatflugzeuge genutzt haben. Nun wird Kritik daran laut.

Im EU-Parlament sorgen Berichte für Unmut, dass EU-Ratspräsident Charles Michel ungewöhnlich oft mit privaten Charterflugzeugen unterwegs ist: Seit Beginn seiner Amtszeit 2019 bis Ende 2022 hat der Belgier 112 Auslandsreisen unternommen – nur ein Drittel davon im Linienflugzeug. 72-mal reiste er lieber in gecharterten Maschinen, was eine Millionensumme kostete, wie Recherchen des Magazins „Politico“ ergaben.

Teuerster Trip: Am 1. Dezember 2022 flogen Michel und sein Team im Privatjet nach Peking zum Besuch beim chinesischen Präsidenten Xi Jinping – für 460.000 Euro. Ein Linienflug sei wegen der strengen Corona-Auflagen Chinas nicht möglich gewesen. Andernfalls hätten er und sein Team zwei Wochen in Quarantäne gemusst, versichert Michel.

EU-Ratspräsident Charles Michel: Per Privatjet nach Straßburg, Berlin und Paris

Aber selbst für Reisen von Brüssel zu den Sitzungen des EU-Parlaments in Straßburg, mit dem Auto eine Fahrt von rund fünf Stunden, flog der Präsident gern in der Luxusvariante – mit Kosten von bis zu 35.000 Euro je Trip. Michel nutzte auch für den Besuch bei Kanzler Olaf Scholz die Chartermaschine (37.500 Euro), ebenso wie zum Arbeitsdinner in Paris (37.750 Euro). Auch zum Klimagipfel in Ägypten im November nahm der 47-jährige den Privatjet – und lud zum Hinflug (103.000 Euro) auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein.

Privatflüge seien in vielen Fällen das einzige Mittel, um seinen Aufgaben gerecht zu werden, wehrt sich Michel gegen Kritik. Doch bei der nächsten Sitzung des EU-Parlaments muss er sich auf reichlich Gegenwind gefasst machen. Dann wird über die Haushaltspläne für 2024 beraten: Der Ratspräsident hat eine Erhöhung seines Reisebudgets um 27 Prozent auf 2,6 Millionen Euro beantragt, weil er als einer der offiziellen Außen-Repräsentanten der EU immer häufiger unterwegs sein müsse.

Auch Ursula von der Leyen sorgte mit Privatflügen für Kritik

Ob er damit bei den Abgeordneten durchkommt, ist zweifelhaft. Unter Druck verweist Michel nun darauf, dass auch die Kommissionspräsidentin sehr viel reise. Auch in Privatjets. „Niemand wirft ihr das vor“, klagt Michel. Tatsächlich war aber auch von der Leyen schon frühzeitig wegen Privatjet-Flügen in die Schlagzeilen geraten. So hatte sie selbst für einen Flug von Wien ins 50 Kilometer entfernte Bratislava eine Chartermaschine genutzt.

Letztlich haben Michel und von der Leyen dasselbe Problem: Anders als die nationalen Regierungen in Europa verfügt die EU-Spitze nicht über eine eigene Flugzeug-Flotte.