Washington. Die USA haben viele Probleme zu lösen – dennoch dreht sich nun wieder alles nur um einen Mann: Donald Trump. Das muss jetzt aufhören.

Die USA sind nicht nur in den Groß-Konflikten mit Russland und China maximal gefordert. Auch innenpolitisch türmen sich Baustellen, die alle Aufmerksamkeit erfordern – von der Welle tödlicher Waffengewalt über die Drogen-Epidemie bis hin zum programmierten Bankrott der Sozialsysteme. Doch statt sie zu lösen, ist die Supermacht wieder in der Endlosspirale von schmutzigen Geschichten des gerissensten politischen Hütchenspielers der jüngeren Geschichte gefangen: Donald Trump.

Der 45. US-Präsident, der laut Umfragen zum Leidwesen einer Mehrheit aller Wähler auch der 47. werden will, muss sich seit Dienstag als erster Ex-Commander-in-Chief vor Gericht verantworten. Dass die Routine-Angelegenheit einer Anklageverlesung von vielen Medien fast wie die Mondlandung behandelt wurde, lässt für die Zukunft nichts Gutes erahnen. Alle aktuellen Entwicklungen rund um die Anklage lesen Sie in unserem Newsblog.

Bis endgültig geklärt ist, wie die Vorwürfe um betrügerisch abgerechnete Schweigegeldzahlungen an die Porno-Darstellerin Stormy Daniels und das frühere Playboy-Model Karen McDougal kreisenden Vorwürfe, genau 34 an der Zahl, von Ordnungswidrigkeiten zu schweren Straftaten mutieren konnten, werden noch Wochen vergehen. Bis zu einem etwaigen Urteil sogar Monate.

Anklage gegen Donald Trump: Mit kultischer Verehrung gewinnt man keine Wahl

So lange wird die von Trump täglich aus pekuniären Gründen (Spenden!) angeheizte Sympathisanten-Schar von politischer Justiz schwadronieren, den Rechtsstaat beschädigen und die Polarisierung im Land weiter eskalieren lassen. Hoffentlich bleibt der Unmut unterhalb der Gewaltschwelle. Ein zweiter „Sturm aufs Kapitol” – nicht auszudenken.

Dirk Hautkapp ist USA-Korrespondent
Dirk Hautkapp ist USA-Korrespondent © Privat | Hamburger

Entscheidend ist: Nichts spricht heute dafür, dass das jüngste Justiz-Drama Trump seinem Ziel, im Januar 2025 erneut ins Weiße Haus einzuziehen und die USA einer autokratischen Rosskur zu unterziehen, näherbringt. Hartleibige Trumpianer werden sich zwar noch enger an den Mann binden. Aber mit kultischer Verehrung gewinnt man keine Wahl mehr.

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Um nicht wie 2020 wieder hinter dem designierten Rivalen Joe Biden als Zweiter über die Ziellinie zu kommen, muss Trump unter gemäßigten und parteiunabhängigen Wählerinnen und Wählern nennenswerte Kontingente auf seine Seite ziehen. Das kann, nach allem, was Demoskopen bis heute seriös erhoben haben, kaum gelingen. Das Gros der Amerikaner hat die „Drama-Queen” einfach nur satt – auch wenn Politikansätze wie die illegale Einwanderung oder der Anti-China-Kurs mehrheitsfähig bleiben.

Top-Republikaner wollen Trump am liebsten loswerden

Hinzu kommt: Die Anklage in New York ist nur der Startschuss. Trumps kriminell anti-demokratischen Verrenkungen am 6. Januar 2021, sein Versuch der nachträglichen Wahlfälschung im Bundesstaat Georgia und der Diebstahl sensibelster Staatsgeheimnisse werden den 76-Jährigen schon bald als nicht mehr resozialisierbaren Wiederholungstäter ausweisen, dem man kein öffentliches Amt übertragen darf. Das sagen keine Trump-Hasser. Das sagen, meist hinter vorgehaltener Hand, Top-Republikaner.

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Deren demonstrativ zur Schau gestellter Rückhalt für Trump ist so vorläufig wie opportunistisch. In Wahrheit wünschen sie sich den Abgang des Partei-Paten. Unter ihm hat die „Grand Old Party” Niederlagen en masse angehäuft. Die Überzeugung, dass mit Donald Trump keine Präsidentschaftswahl mehr zu gewinnen sein wird, ist weit verbreitet; auch wenn sie aus Furcht vor Vergeltung kaum jemand mit offenem Visier äußert. Diese Furcht wird sich beizeiten verflüchtigen. Gut so. Der 4. April 2023 muss der Anfang vom Ende Donald Trumps sein.