Berlin. Für ein Scholz-Interview wurde Moderatorin Linda Zervakis vom Kanzleramt engagiert. Darum macht der Auftritt nach Monaten Schlagzeilen.

Ein Interview mit Olaf Scholz, das bereits Monate zurückliegt, macht jetzt Schlagzeilen: Es geht um den Besuch des Kanzlers auf der Digitalkonferenz Republica im Juni 2022. Dort sprach Scholz über „Digitalpolitik in der Zeitenwende“, danach wurde er von der Fernsehjournalistin Linda Zervakis gut 20 Minuten lang befragt. Zervakis war Sprecherin der „Tagesschau“, bis sie 2021 zum Privatsender ProSieben wechselte.

Wie die „tageszeitung“ berichtet, wurde Zervakis vom Kanzleramt selbst für das Interview auf der Bühne der Konferenz engagiert. Mitgeteilt wurde dies damals weder vom Kanzleramt noch von den Republica-Organisatoren.

Zervakis bekam offiziell kein Honorar, erhielt aber eine „Kostenpauschale“ in Höhe von 1.130,50 Euro brutto, die „pauschal alle anfallenden Kosten von Frau Zervakis und ihrem Team“ abdecken sollte, wie ein Regierungssprecher der Zeitung mitteilte.

Linda Zervakis bei ihrer letzten „Tagesschau“-Moderation.
Linda Zervakis bei ihrer letzten „Tagesschau“-Moderation. © ARD/dpa | Foto: -

Zeitung mutmaßt: Zervakis könnte „getarntes Honorar“ erhalten haben

Zuvor hatte das Kanzleramt der „taz“ Auskünfte über eine Bezahlung mit Verweis auf das „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ noch verweigert. Die „taz“ zog dagegen vor das Verwaltungsgericht. Bevor es eine Entscheidung fällte, erhielt das Blatt die Antwort der Regierung. Zervakis selbst wollte nach Angaben der Zeitung zwischenzeitlich die Berichterstattung über die Höhe der Zahlung juristisch verhindern.

Die „taz“ mutmaßt, bei der Kostenpauschale könne es sich um ein „getarntes Honorar“ gehandelt haben. Der Manager der TV-Journalistin weist dies zurück und verweist auf Kosten, die im Zusammenhang mit der Moderation entstanden seien. Auf Anfrage unserer Redaktion kritisierte Zervakis‘ Manager „eine Verdachtsberichterstattung“ über den Vorgang.

Sender: Mit 1.130,50 Euro lassen sich Styling und Maske für Moderation nicht bezahlen

An- und Abfahrt mit dem Zug am Tag der Moderation zahlte ProSieben, wie der Sender der „taz“ mitteilte. Ein Problem hat der Sender mit dem Auftritt nicht und erklärte gegenüber der Zeitung, mit einer Kostenpauschale von 1.130,50 Euro könne ProSieben die Kosten für Styling und Maske für einen Moderationsauftritt nicht bezahlen.

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Für die Republica war der erste Auftritt eines Kanzlers auf der Konferenz eine große Sache. Aus der Bundesregierung ist allerdings zu hören, dass die Veranstalter nach der Zusage die weitere Organisation des Auftrittes dem Kanzleramt überlassen hätten. Die Digitalmesse finanziert sich - wie branchenüblich – auch mithilfe von Partnern aus Wirtschaft, Medien und Politik.

Republica: Waren von der Vorgehensweise des Kanzleramts überrascht

Die Republica erklärte hingegen, die Einladung an Scholz habe „einen Vortrag und/oder eine Diskussion“ mit Republica-Mitgründer Markus Beckedahl vorgesehen. Das Kanzleramt habe aber zwei Wochen vor dem Event mitgeteilt, dass es stattdessen einen „Impulsvortrag“ von Scholz mit anschließendem Gespräch zwischen ihm und Zervakis umsetzen wolle. „Wir waren von der Vorgehensweise überrascht, stimmten aber zu - nicht zuletzt aus Zeitgründen“, erklärte die Republica. Einen Hinweis darauf, dass Zervakis vom Kanzleramt gewählt wurde, habe man „versäumt“.

Zur Bezahlung heißt es: Die Übernahme von Auslagen für Fahrtkosten oder Stylisten sei bei Veranstaltungen nicht ungewöhnlich, in einigen Fällen werde dies auch von der Republica übernommen. „In diesem Fall war dies nicht nötig“, auch habe die Republica kein Honorar an Zervakis gezahlt. „In Absprachen mit Dritten waren wir nicht involviert.“