Berlin. Ein neues Netzwerk soll helfen, Opfern von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend eine Stimme zu geben. Das steckt dahinter.

Betroffenen von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend mehr Gehör verschaffen: Das ist eines der Ziele des geplanten bundesweiten Netzwerks „Aus unserer Sicht“. Betroffene ab 16 Jahren sind ab sofort aufgerufen, sich aktiv an der Neugründung zu beteiligen. Getragen wird die Initiative zunächst vom Kieler Verein NINA (Nationale Infoline, Netzwerk und Anlaufstelle zu sexualisierter Gewalt an Mädchen und Jungen). Lesen Sie auch: Dunkle Seite des Sports – Studie schildert sexualisierte Gewalt

„Wir machen niemandem Konkurrenz, sondern schließen mit unserer Idee eine Lücke“, sagt Mitinitiatorin Tamara Luding zum Start. Denn ein deutschlandweit aktives Netzwerk von Betroffenen für Betroffene existiere bisher nicht. Eine „Kerngruppe“ von sechs Frauen und Männern versucht nun, das zu ändern – und so auch bestehende, regional oder sektoral begrenzte Initiativen in Kontakt zu bringen. Regelmäßige Aktionen wie Tagungen, Kongresse und kleinere Austauschformate sollen dabei helfen.

Gegen sexualisierte Gewalt: Netzwerk soll Milieus und Kontexte verbinden

Erster Schritt des Gründungsprozesses ist ein online verfügbarer Fragebogen. Er kann bis zum 15. Februar auf der Website des Netzwerks ausgefüllt werden. Die gesammelten Rückmeldungen dienen laut Mitinitiatorin Renate Bühn dazu, Aufgaben, Ziele und Strukturen des Netzwerkes peu à peu genauer zu definieren. Um Betroffene aus unterschiedlichen Milieus und Kontexten zu erreichen, sind die Fragen auch in leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache abrufbar.

Gefördert wird das Vorhaben mit 300.000 Euro durch das Amt der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) – vorerst befristet für das laufende Jahr. Geplant sei, im ersten Halbjahr 2023 einen gemeinnützigen Verein zu gründen, so Bühn. Im November 2023 sollen bei einem digitalen Fachtag dann erste Ergebnisse des Beteiligungsprozesses präsentiert und diskutiert werden.

Austausch über Gewalterfahrungen: Empowerment als wichtiges Ziel

Wichtig sei, dass es sich „nicht um eine Eintagsfliege“ handele, erklärt Mitinitiatorin Luding. Nur, wenn das Netzwerk als dauerhafte Plattform bestehe, könne es die Belange der Betroffenen von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend öffentlich vertreten und damit effektiv deren Empowerment dienen. Noch sei dies zu selten der Fall: „Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche wird immer noch vielfach vertuscht, verschwiegen und verdrängt – und Betroffene werden in ihrem Bewältigungsprozess oft alleine gelassen.“